10.02.2012 Lijiang & Dali - Musterbeispiele für den Minderheiten-Tourismus in Yunnan

Aus RTW

Lijiang - abseits der Touristengassen - heimlich auf den Elephantenberg - Dali - Radtour am Bergsee

Wie berichtet sind wir von der Tigersprungschlucht (Tina's) über Qiaotou mit einem Sammeltaxi nach Lijiang gefahren um dort noch zwei Tage zu verbringen.

Die Altstadt Lijiangs ist ein Weltkulturerbe und gemeinhin bekannt für die Minderheit der Naxi, die dort leben und ihr Kunsthandwerk anbieten. Für die Dauer des Aufenthaltes soll der geneigte Tourist ein "Old Town Protection fee"-Ticket (Schutzgebühr) für 80 RMB erwerben. Dieses Ticket erlaubt den freien oder vergünstigten Zutritt zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Da wir nicht vor hatten die Museen zu besichtigen und viel lieber bei dem schönen Wetter draußen sein wollten, sahen wir von dem Kauf ab.

Nach einem Irrlauf durch die autofreien Gassen der Altstadt und Dank der Hilfe eines Passanten kamen wir beim Mama Naxi Guesthouse an, wo wir für die Zeit wohnen wollten - wir folgten dabei einer Empfehlung des Deutschen, den wir in den Tigersprungschlucht getroffen hatten. Vor allem das kommunale Abendessen "all you can eat" hatte es ihm angetan.

Nach einer feinen Tasse Yunnan Kaffee ging es zurück in das Gewirr der Gassen für einen ersten Rundgang und Eindruck. Leider hielt die Stadt nicht, was wir uns von ihr erhofft hatten. Zwar gab es viele Frauen in Trachten aber noch mehr Souvenier- und Feinkostläden. In nahezu jeder Straße reiht sich ein Laden an den anderen und dazwischen entlang schieben sich Massen von chinesischen Touristen mit ihren Führern, die über Lautsprecher ihren Text herunterleiern. Zum Glück mussten wir zu 18:30 wieder im Hostel sein, da wir uns für das hochgelobte Mama Naxi Familienessen angemeldet hatten. Für 20 RMB gibt es reichlich Gemüse, Fleisch und Reis im Kreise der anderen Gäste. Wir müssen ehrlich sagen, dass das wohl unser bestes Preis-Leisungsverhältnis war, was Essen in China angeht.

Am nächsten Tag starteten wir erneut einen Versuch die Stadt für uns zu entdecken und bogen dafür absichtlich von den ausgetreten Gassen ab und siehe da, wir standen auf einem großen Markt, auf dem alles gehandelt wurde, von Fleisch, Obst und Gemüse, Stoffen und so weiter... eben alles, was man fürs tägliche Leben braucht und noch mehr. Und kein Tourist weit und breit. Interessant jedoch, dass es die Stoffe und Trachten, die die Frauen tragen dort nicht zu kaufen gab. Kaufen sie die etwa tatsächlich in den Souvenierläden? Oder bekommen sie diese von der Stadt als Arbeitskleidung gestellt?

Nach dem Markt spazierten wir zu dem am Stadtrand liegenden Black Dragon Pool (Schwarzer Drachensee). Der Eintritt hier ist eigentlich nur mit dem besagten 80 RMB Ticket möglich, doch geht man ein Stück am Zaun nach links entlang, kann man den Park über eine kleine hölzerne Brücke auch so betreten. Leider ließ uns das Universum dafür nicht ungestraft. In einem tempelähnlichen Gebäude drückte uns eine nette Dame zwei Räucherstäbchen in die Hand und schob uns in einen kleinen Raum mit einem buddhistischen Tempel in dem sich sogleich ein Mönch zu uns gesellte. Wir sollten die Räucherstäbchen anzünden, wodrauf er eine kleine Zeremonie mit uns durchführte. Jedoch wurde es alles ganz schnell wieder weltlich, als er ein großes rotes Buch hervorholte um darin unsere Spende zu notieren. Nicht schlecht staunten wir, als wir darin den Einheitspreis von 100 RMB sahen. Da wir nun kaum die Zeremonie zurückgeben konnten, gab Pablo 20 RMB hin, die der Mönch erst gar nicht eintragen wollte, bis Pablo jedoch darauf bestand. Schließlich sollten auch andere sehen, dass der Betrag einer mehr oder weniger freiwilligen Spende wenigstens frei wählbar sein sollte. Nach diesem Faux Pas waren auch wir nicht mehr zimperlich und suchten einen Trampelpfad um den Elephantenberg zu erklimmen. Auf dem regulären Weg gab es wieder eine Kontrolle und wir nahmen an, dass man erneut das Ticket vorlegen muss - anderen Berichten zufolge ist der Zutritt sogar nur für Anwohner erlaubt. Mit unserem Trampelpfad trafen wir kurz vor dem Gipfel wieder auf den richtigen Weg, dem wir nach oben folgten. Von dort oben hat man einen fantastischen Blick auf das Tal, den Jade-Schnee-Berg und man sieht erst richtig, wie groß Lijiang eigentlich ist. Runter gingen wir einen anderen Weg und recht zügig vorbei an der Ausgangskontrolle. Den Rest des Tages und Abends spazierten wir weiter durch die Altstadt und fanden Abends auch den Platz, an dem, wie von anderen Reiseberichten erwähnt, um ein Lagerfeuer getanzt wird. Nur leider wirkte dies, wohl platziert an der Fressgasse, nicht mehr so authentisch, wie wir es schon anderorts gesehen haben. Überhaupt verlor die Altstadt abends fast jeden Reiz für uns, da aus den Restaurants nun lauthals Livemusik klang und die Lichteffekte so mancher Disco Ehre machte.

Daher packten wir am nächsten Tag gar nicht schwermütig unsere Sachen und fuhren mit dem Bus nach Dali. In Dali erwartete uns zunächst ein ganz anderes Bild. Der Bus ließ uns an einem Zugang zu Altstadt heraus (die Neustadt liegt 18km entfernt) und wir sahen uns einer nahezu menschen- und autoleeren Straße gegenüber. Erst nachdem wir schon ein ganzes Ende gelaufen waren, trafen wir auf die belebte Hauptstraße, diesmal mit einer guten Mischung aus Souvenier- und Bedarfsläden und dazwischen noch immer Frauen in Trachten. Auf der Suche nach einer Unterkunft, unser Telefonguthaben war just leer, folgten wir einem älteren Mann, dessen Angebot leider nicht vom Hostel bestätigt wurde, so dass wir weiter suchten mussten. Fündig wurden wir ein kurzes Stück außerhalb der Stadtmauern, in einem maroden, aber eigentlich reizvollen, Hotel mit großem grünen Innenhof, welches aber offensichtlich schon deutlich bessere Zeiten erlebt hatte. Immerhin hatte wir so, etwas abseits, auch gleich eine ganze Reihe untouristische Restaurants direkt vor der Tür.

Dali hat uns deutlich besser gefallen als Lijiang. Zwar gibt es auch zwei, drei sehr an Touristen orientierte Straßen und auch eine Menge chinesischer Reisegruppen, aber trotzdem hält sich alles die Waage. Ein wenig abseits fanden wir sogar ein vegetarisches Buffett einer buddhistischen Gruppierung, bei der man für 5 RMB quasi mitessen kann. Witzigerweise steht gut sichtbar eine Waage zwischen den Tischen, die sicher ermahnt alles in Maßen zu genießen. Leider ging diesmal unser Plan, eine Hintertür für die Drei Pagoden, die lokale Welterbestätte, zu finden, nicht auf. 121 RMB war uns deutlich zu viel für eine Besichtigung mitten mang von unzähligen chinesischen Touristen. Somit umrundeten wir das Gelände und fanden ein paar richtig alte Gebäude und passend dazu die Menschen, die entspannt in der Sonne saßen und freundlich (ein-)nickten. Ein Blick über die Mauer, vom Dach eines stinkenden Klohäuschens gelang uns dennoch - was tut man nicht alles für ein paar Fotos.

Da die Stadt selbst schnell erkundet ist, ging es am nächsten Tag in Richtung des Er Hai Sees. Leider war es nur eine kurze Tour, da uns Erkältung und ein fieser Gegenwind ziemlich langsam machten. Trotzdem war es interessant zu sehen, wie viele Leute fleißig auf ihren Feldern arbeiteten und mit welchen einfachen Mitteln - von Großfelderwirtschaft im sozialistisch-kommunistischem Stil kann keine Rede sein.

Noch am gleichen Abend ging es für uns weiter mit dem Nachtzug nach Kunming, schließlich lief unser Visum in zwei Tagen aus. In Kunming wollten wir unsere telefonisch reservierten Bustickets für die Fahrt an die vietnamesische Grenze abholen. Aber auch um 9 Uhr, wir warteten seit 3 Stunden, war noch niemand im Büro. Wie sich dann herausstellte, schickten die Leute vom Reisebüro auch nur jemanden am gleichen Tag mit einem Motorroller zum Busbahnhof um Tickets zu kaufen - von befürchtete Ticket-Knappheit so kurz vor der Fahrt schien nicht zu bestehen. Dafür zahlten wir stattliche 27 RMB Aufschlag pro Ticket, ganz wie die Touris, die wir nicht sein wollen. Dafür konnten wir jedoch den Tag, unseren letzten in China, in der Sonne auf der Terrasse des Hostels verbringen, wo wir bei unserem Aufenthalt in Kunming gewohnt haben. Am Abend ging es dann mit dem Stadtbus zum Ost-Busbahnhof, von wo der Schlafbus nach Hekou abfuhr. Mehr dazu im nächsten Artikel.

Ein interessanter Artikel mit Fakten zur ursprünglichen, matrilinearen Sozialstruktur, der Lebensweise in Axia-Beziehung und den Auswirkungen des modernen Tourismus ist unbedingt lesenswert - auch wenn die beschriebenen Verschiebungen im Sozialgefüge von anderen ethnischen Minderheiten bedauerlich bekannt klingen.

Videos

Karten

Lijiang

Dali

Fakten

Lijiang

  • "Old Town Protection fee", 80 RMB, wird nicht kontrolliert, wenn man nicht separat gekennzeichnete Sehenswürdigkeiten betritt
  • Besteigung Elephantenberg ohne Eintritt durch die Hintertür möglich - direkt am Black Dragon Pool in den Wald hoch
  • Buchung Zugticket Dali - Kunming, 83 RMB + 5 RMB Kommission pro Ticket

Dali

  • Pagoden kosten 121 RMB, einfaches Umgehen des Eintritts scheint nicht möglich - an der Mauer des Geländes gibt es jedoch zahlreiche Kletterspuren. War uns aber zu heikel.
  • Fahrradverleih gibt es wie Sand am Meer. Wir zahlten, sicher immernoch zu viel, 15 RMB / Rad
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