23.04.2012 Mekong Discovery Trail - Operation Tropic Thunder

Aus RTW

Eine Insel ohne Berge - 48 km in zwei Tagen von Sambour nach Koh Khnhaer (Kratie - Stung Treng)

Mit einem TukTuk starteten wir von Kratie nach Sombour zur 100-Säulen-Pagode und zum Ausgangspunkt unsere Wanderung. Gefahren wurden wir von einem 29jährigen Französisch-Lehrer, der sein Lehrergehalt durch das Rumfahren von Touristen aufbessert und der ganz nebenbei noch auf der verzweifelten Suche nach einer Ehefrau ist. So ließ er uns eine halbe Stunde mitten auf dem Weg stehen um einer Frau beim Einfangen ihrer Kühe zu helfen.

In Sambour, nach einer kurzen Besichtigung der 100-Säulen-Pagode, wurden wir an der Fähre nach Koh Kinouv abgesetzt. Die Fähre, kaum mehr als ein größerer Einbaum, brachte uns, zusammen mit heimkehrenden Inselbewohnern, deren Einkäufen und Mopeds zum südlichen Ende der Insel. Dort schulterten wir unter den verwunderten Blicken einiger Khmer unsere Rucksäcke und folgten dem einzigen Weg in nördliche Richtung nach Koh Phdau. Während am Anfang noch ein paar Häuser standen, folgte bald eine Strecke mit Feldern und frisch niedergebrannten Flächen. Dann wieder durch ein langgezogenes Dorf, ständig begleitet vom "Hello!" der Kinder. Der Weg zog sich, die Rucksäcke wurden schwerer und die Zeit tickte. Über CRDTours hatten wir eine Bootsfahrt für den gleichen Tag gebucht um die Irrawaddy Delfine zu sehen und das am Besten noch mit ein bisschen Tageslicht für Fotos. Nach einer guten Stunde kamen uns zwei Männer auf Mopeds entgegen, von denen sich einer als Mr. Soksim vorstellte. Sehr gut, da war uns unser Ansprechpartner für die Übernachtung im Dorf entgegengekommen und meine Hoffnung, den Rest der Strecke auf dem Moped zurückzulegen, wurde bestätigt.

"How are you!? How are you!?" wurden wir von unsere Gastfamilie freundlich in ihrem Stelzenhaus begrüßt und und so gleich in unser kleines, durch einen Vorhang abgetrenntes Separé geschoben. Das Haus besteht im wesentlichen aus einem großen Raum, von dem durch Tücher die Schlafbereiche der Familienmitglieder abgegrenzt sind. In einem angebautem Verschlag wurde gekocht. Nach unserem ersten organisierten Homestay in Vietnam, war diesmal die Erfahrung weit positiver. Es gab eine Matratze, ein Mückennetz und sogar Handtücher. Und das Beste: es wurde uns eine Toilette gezeigt. Nach einem Glas heißem Wasser, fragten wir vorsichtig nach der Bootsfahrt zu den Delfinen. Etwas überrascht gab Mr. Soksim die Frage an unsere Gastgeber weiter. Wusste niemand davon? Auf unserer Quittung war es jedenfalls verbucht. Und dann doch, wir sollten runter zum Ufer und ab ging es in einem Langboot, angetrieben von einem Benzinmotor, auf dem Mekong in Richtung Süden zu einem Delfinpool. Der Motor ging es aus und es wurde ruhig und dann konnte man sie hören und sehen, die Irrawaddydelfine. Benannt nach dem Fluss Irrawaddy, sind sie jedoch keine Flussdelfine. Die meisten der Delfine leben in asiatischen Küstengebieten, im Mekong jedoch nur noch rund 80 Tiere. Wir freuten uns jedenfalls sehr ein paar der Tiere zu sehen.

Zurück an Land wurde auch schon das Abendessen gebracht und wir sollten mit dem Essen beginnen. Einmal wieder waren wir unsicher, warum wir nicht mit der Familie, die ein Stück entfernt saß, zusammen aßen und ob alles für uns war oder sie auf die Reste warteten. Aber da keine gemeinsame Sprache vorhanden und die Gesten scheinbar unklar, ließen wir uns das Essen schmecken. Später aßen unsere Gastgeber tatsächlich das, was wir nicht geschafft hatten. Die Ehre, als Gäste allein zu essen, ist und bleibt befremdlich für uns. Zusammengerückt wurde dann jedoch, als wir auf unserem Laptop ein paar Fotos von unserer Reise und den Verlauf auf der Karte zeigten und, im Rahmen der Möglichkeiten, etwas Interesse erfuhren.

Am nächsten Morgen, nach einer recht ruhigen Nacht, war um halb sechs wieder Bewegung im Haus, so dass auch wir bereits um 6 Uhr beim Frühstück saßen. Noch ein Gruppenfoto, allgemeine Bewunderung und auch Unverständnis für unsere Rucksäcke und wir marschierten los. Knapp 40 unbekannte Kilometer lagen vor uns. Unsere größte Sorge: Trinkwasser. Zwar waren Orte auf unserer Skizze eingezeichnet, aber inwiefern wir dort Wasser kaufen konnten war nicht einzuschätzen. Auch die Aussagen unseres Gastgebers waren vage. Und so nahmen wir noch bis zum letzten kleinen Shop jede Gelegenheit wahr und kauften Trinken um nicht unsere Vorräte anfassen zu müssen.

Die Häuser wurden langsam weniger und dann endlich, ca. 15km von der südlichen Inselspitze, ein Hinweisschild des Trails, welches uns weg vom Ufer, weiter in die Mitte der Insel brachte. Nun waren wir offiziell allein und hätten wir nich den GPS-Track gehabt, wäre das Vorankommen wesentlich schwieriger gewesen. Beschilderung war kaum vorhanden und gerade am Anfang gab es viele kleine Wege, die kreuz und quer durch die sandige Landschaft verliefen. Heiß war es. Wenig Schatten und wenig Abwechslung ließen die Kilometer nur zäh vergehen und es kam kein Haus und kein Dorf in Sicht. Zwar zog ab und zu ein Moped an uns vorbei, aber unsere Hoffnung auf Trinkwassernachschub wurde nicht bestätigt. Pablo wurde sogar von den Bewohnern eines Hauses, etwas abseits des Weges, wieder ohne Wasser weg geschickt. Langsam zogen wir in Erwähnung wieder umzukehren, da unser Vorrat bei weitem nicht für zwei Tage reichen würden. Langweiligerweise sei verraten, dass wir stets eine großzügige Sicherheitsreserve dabei hatten, aber die ist eben eine Reserve und zählt nicht.

Am Nachmittag zogen immer mehr Wolken auf und in der Ferne donnerte es ab und zu. Wir hatten unser Tagesziel fast erreicht und suchten nach einem passenden Zeltplatz etwas abseits des Weges und nahe dem Mekong um eventuell Wasser aus dem Fluss zu filtern und zu kochen. Doch unsere Wasserknappheit war schneller vorbei, als uns zunächst lieb war. Bei ersten schweren Regentropfen bauten wir rasch das Zelt auf und als der Regen zu einem ausgewachsenem tropischen Gewitter wurde, beschlossen wir alle unsere Gefäße aufzustellen um das für uns kostbare Nass aufzufangen. Und so hopsten wir in Unterwäsche im strömenden Regen um unser Zelt herum, trugen abwechselnd Wasser zusammen oder kratzten Rinnen um es vor einer totalen Flutung zu schützen. Zum Glück hatten wir es bereits auf einem kleinen Hügel aufgebaut, aber ein Blitz, der - zumindest gefühlt - in der Nähe einschlug, ließ uns ein wenig am Standort zweifeln. Weit und breit hatten wir das einzige Metall um uns herum. Nach gut 30 Minuten hatten wir 15 Liter Wasser zusammen, saßen im Zelt, lauschten dem Regen und aßen Nudelsuppe. Am nächsten Morgen war fast nichts mehr vom Unwetter zu sehen. Schon früh war es wieder warm und die Sonne kündigte einen weiteren heißen Tag an. Wir verpackten unseren aufgefüllten Wasservorrat und sahen wesentlich entspannter den letzten 17 km entgegen. Mit dem Ziel, die Überfahrt über dem Mekong zu einem Dorf, vor Augen ging es anfangs zügig voran. Die Landschaft hatte sich leicht verändert. Durch lichten, ein wenig schattenspendenden Wald und über viele Lichtungen ging es auf einem sandigen Weg weiter in Richtung Norden. Alle 15 Minuten gab es eine kurze Trink- und jede Stunde eine längere Pause. Man muss schon sagen, dass uns in erster Linie Disziplin über die Strecke brachte, die leider wenig optische Reize bot. Zur Belohnung gab es gleich zwei Packungen kostbares Bundeswehr-Getränkepulver, was, genau für diesen Zweck, seit über fünf Jahren mit in Pablos Rucksack durch die Gegend getragen wird - bei Temperaturen deutlich jenseits der 30 Grad verloren wir so viel Wasser, dass wir die Mineralien bitter nötig hatten.

Und dann endlich wieder Zivilisation: ein Holzzaun und nach ein paar Metern ein Haus. So erleichtert, wie wir waren, dass das Ziel erreicht war, so wenig konnten die Bewohner des Hauses glauben, dass wir zu Fuß den Weg entlang kamen, sind es sonst doch Radfahrer in Begleitung eines Khmer. Aber der Geschäftssinn war gleich wieder wach und es wurde aufs Boot und das gegenüberliegende Ufer gezeigt. Ja, das war es, was wir wollten. Unkomplizierter als gedacht war unsere Überfahrt gesichert, wo wir uns, nach den Ausführungen des Mitarbeiters von CRDTours, schon auf ein Warten und Heranwinken eines Fischerbootes eingestellt hatten. Zur Sicherheit griffen wir trotzdem noch vier Liter Wasser aus den Regensammelamphoren der Hausbewohner ab - man weiß ja nie. Nach der kurzer Bootsfahrt hielt der Mann so lange die Hand auf, bis wir insgesamt zwei US Dollar bezahlt hatten, was im Vergleich zum Fährpreis an Anfang von 1000 Riel (25 US Dollar Cent), ein ziemlicher Wucher war. Der Preis des individuellen Reisens.

Im Dorf Koh Khnhaer ging es mit dem Staunen der Menschen weiter aber wieder fand sich gleich jemand, der ein Geschäft witterte und uns sogleich Homestay anbot. Ein Bus nach Stung Treng sollte es erst wieder am nächsten Morgen geben, so dass wir die Wahl hatten im Dorf zu übernachten oder zur nächsten Straßenkreuzung in fünf Kilometern Entfernung zu laufen. Wir entschieden uns für eine Nacht im Dorf und folgten dem Mann zu seinem Haus. Ganz schick, hatten sie ein winziges Zimmerchen angebaut, nur wenig größer als die Matratze. Und dank der australischen Oxfam Initiative gab es auch ein Toiletenhäuschen.

Unser nächster Gang führte uns direkt zur Kühltruhe des nächsten Shops. Wir nahmen die angebotenen Plastikstühlchen an und versuchten uns die Informationen über den Bus noch einmal von dem französischsprechenden Laden-Inhaber bestätigen zu lassen. Es blieb bei der Abfahrt um 7 Uhr und bei einem Preis von 300'000 Riel pro Person - holla. Ein anschließender kurzer Rundgang durch den Ort, kaum mehr als ein paar handvoll Häuser, führte vorbei an zwei Kneipen, in dem die Männer des Ortes einem Boxkampf auf einem riesigen Flachbildschirm verfolgten. Vier weitere Liter Limo gab es kurz darauf mit Blick auf den Sonnenuntergang am Mekong. Leider wurde das Idyll von zwei Jungen in einem Boot gestört, die mit einem Ruder auf einen Hund einschlugen nachdem sie ihn im Wasser untergetaucht hatten. Zum Abendessen gab es bei uns Couscous, den wir seit der Mongolei noch im Gepäck hatten und dazu frisches Gemüse vom Franzosen. Der Benzinkocher - eine Attraktion für die Dorfbewohner! Wir hatten uns gegen die Verpflegung durch unsere Gastgeber entschieden. Während die Unterkunft nur 6 USD kosten sollte, waren es 10 USD fürs Essen. Leider hatte unsere Erfahrung bisher gezeigt, dass uns das Essen nie einen solch hohen Betrag Wert waren.

Pünktlich zu sieben Uhr standen wir wieder mit unseren Sachen auf der Straße, geweckt durch den gegen fünf Uhr einsetzenden Trubel. Um acht Uhr saßen wir noch dort und um neun Uhr noch immer. Wir beobachteten die Vorgänge auf der Straße und wurden selbst beobachtet. Erst als ein paar Mitarbeiter einer Aufklärungskampagne zum Thema Kampfmittelaltlasten (UXO) ins Dorf kamen, erkannten wir einen Sinn in unserer längeren Anwesenheit. Aber noch immer kam kein Bus, dafür ein Auto, in das wir gemeinsam mit einer älteren Frau einsteigen sollten. Einer unserer Rucksäcke landete bei den frisch gekauften Fischen im Kofferraum und den anderen hielt der Beifahrer die eine Stunde bis Stung Treng auf seinem Schoß, ohne Klagen, fest. Nur 5 USD kostete uns die schnelle und entspannte Fahrt pro Person in die Stadt, besser als jede Busfahrt.

Rückblickend und mit dem jetzigen Wissen um die Wasserversorgung kann man den Abschnitt des Mekong Discovery Trails auf der Insel Koh Rougniv kaum für eine Wanderung empfehlen. Zwar bietet das Wandern die einzige Möglichkeit das ganze Vorhaben komplett ohne eine Organisation zu machen (Homestay wird überall in den Dörfern angeboten), andererseits geizt die Strecke etwas mit optischen Reizen. Den Mekong sieht man eigentlich nur bei Überfahrten und ansonsten folgt man sandigen Pfaden mittig über die flache Insel. Selbst mit dem Fahrrad, mit dem die Strecke sicher an einem Tag absolviert werden kann, würde ich wohl manchmal über die sandigen Stellen fluchen. Andererseits bietet die Insel einen guten Ausgangspunkt, wenn man die Delfine sehen und dabei nicht von unzähligen anderen Touris umrundet sein möchte. Auf der Insel kostet die kurze Fahrt zu den Delfinen gerade 7USD pro Boot, während man bei Kampi rund 9USD pro Person zahlt. Für die Anreise zur Insel kann man sich entweder ein TuKTuk von Kratie aus mieten, oder man passt einen Minibus oder ein Shared Taxi ab, die regelmäßig zwischen Kratie und Stung Treng pendeln und durch Sambour fahren.

Für uns bleiben die zwei Tage etwas besonderes, haben wir doch endlich einmal wieder effektiv Strecke zu Fuß, aus eigener Kraft zurückgelegt, haben im Zelt geschlafen und konnten die Natur in all ihren Facetten genießen.

Karten

Fakten

  • Mekong Discovery Trail
    • Schematische Karten der Touren
    • GPS-Tracks für Fahrradstrecken zum Download
  • CRDTours (Cambodian Rural Development Tours) (Büro in Kratie)
    • Helfen bei Fragen rund um den Trail
    • Paket (TukTuk nach Sambour, 1 Homestay mit Abendessen und Frühstück, Delfintour) für 55 USD für zwei Person inkl. einer vorgegebenen Spende an die Gemeinschaft
  • Fähre von Sambour auf die Insel Koh Rougniv für 1000 Riel pro Person
  • Homestay in Koh Khnhaer bei einer Familie für 6 USD / 16 USD (ohne / mit Essen) für zwei Personen
12.8396105.9527

12.8396, 105.9527


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