17.06.2012 Georgetown, Penang - Kulturerbe in der Salatschüssel

Aus RTW

Britisches Flair, indische Düfte, chinesisches Äußeres - Flucht vor der Sonne - kleinster Nationalpark der Welt - geocaching

Unser erstes touristische Ziel in Malaysia sollte Georgetown auf der kleinen Insel Penang (eigener Bundesstaat), ca. 10 Kilometer vor dem Festland, werden. Zweitgrößtes Stadtzentrum, drittgrößtes Industriezentrum, ältestes erhaltenes Fort in Malaysia, älteste anglikanische Kirche in Süd-Ost-Asian, Unesco Weltkulturerbe, kulturell vielschichtige Bevölkerung - die Insel und Georgetown werben mit Supalativen und das Beste, sie übertraf unsere Erwartungen.

Aber erstmal ging es für uns mit dem Bus von Alor Setar nach Butterworth und das hieß, mal wieder, ein morgendlicher Spaziergang (Stadtbus fanden wir nicht) zum Busbahnhof, der drei Kilometer vom Zentrum entfernt lag. Fußgängerunfreundlich, wie nahezu überall in den asiatischen Ländern, ging es auf dem staubigen Seitenstreifen vorbei an Autohäusern (welch Ironie) und durch leergefegte Vorortstraßen. Am Busbahnhof angekommen, fuhr der nächste Bus natürlich, wie immer, sofort los und wir bekamen gerade noch so einen Slurpee vom 7-Eleven, bevor wir die letzten beiden freien Plätze auf der hintersten Reihe bezogen. Vor uns saßen die anderen bequem in freistehenden Sitzen, je drei pro Reihe (je am Fenster und einer in der Mitte). Ein Tribut an den Islam und die alleinreisende muslimische Frau?

Alles war so einfach in Malaysia. Obwohl wir ohne große Vorbereitung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs waren, klappte alles ganz unkompliziert. Wir kamen pünktlich mit dem Bus, der nicht erst noch Passanten von der Straße einsammelte (bekannt u.a. aus Vietnam und Kambodscha) in Butterworth, direkt am Fähranleger, an. Ohne große Wartezeit ging es auf die Fähre und dann auf die Insel. Nebenbei hängte sich noch ein blinder Passagier an uns ran und ließ sich auf das Schiff und zu einem Sitz bringen.

In Georgetown, in der Love Lane, zehn Minuten zu Fuß vom Fähranleger oder eine kurze Fahrt mit dem kostenfreien Shuttle Bus, fanden wir ein überraschend günstiges Zimmer in einem kleinen einfachen chinesischen Hotel, was sich jedoch eher wie ein Aufenthalt mit Familienanschluss anfühlte. Alle, sowohl Gastgeber als auch Gäste hatten ihre Eigenheiten, die zusammen für eine sehr entspannte Atmosphäre sorgten. So liefen unsere Gastgeber immer Oberkörperfrei, ständig besorgt um die Funktion des WLANs, ein älterer langhaariger Amerikaner sang laut Blues (gern unter der Dusche) während seine spanische Frau an der Bedienerfreundlichkeit ihres geschenkten iPads verzweifelte (Pablo gab Nachhilfe). Ein blinder Inder, unterwegs mit seiner ebenfalls blinden Frau, erzählte uns von seinen Urlaubszielen und rezitierte unzählige spaßige Backronyme (BMW: Black beautiful women, Malboro: Men always remember love because of romance only) und empfahl uns dann einen Essensstand um die Ecke. An der Tür begrüßte er seine Frau mit dem Lied "Hello, is it me you're looking for? I can see it in your eyes...".

Georgetown hatte augenscheinlich alles, was es braucht um uns sieben Tage zu halten: einen gesunden Mix aus altehrwürdigen weißen Gebäuden, engen Gassen im chinesischen Stil, ein authentisches indisches Viertel aus dem Bollywood-Musik schallt und es nach frischen Roti und Curry duftet, eine Meerespromenade und moderne Shopping Malls, Starbucks nicht zu vergessen. Die Einwohner Penangs sind überwiegend Chinesen und so findet man hier auch den ältesten chinesischen Tempel in Malaysia. Dominant ist jedoch der Islam, kann man den Ruf des Muizin fünf Mal am Tag kaum überhören. Unübersehbar dagegen ist jedoch die strahlend weiße St. George Kirche, erbaut im Jahre 1816 und repräsentative Zeugin der Besetzung durch die Briten von 1786 bis 1956. So ergab sich und hat sich bis heute gehalten, was Sozialwissenschaftler als "Salatschüssel" bezeichnen: Kulturen, die sich ihre Authentizität erhalten haben und sich klar von einander abgrenzen. Eine Verschmelzung zu einer neuen gemeinsamen Kultur findet augenscheinlich nicht statt. Für den Touristen heißt das in erster Linie: vielfältiges Essensangebot. Nur Teh Beng (Schwarzer Tee mit süßer Milch und Eis) gab es überall, zu unserem Glück.

1786 landete der Britische Kapitän Francis Light erstmalig am nördlichen Kap der kleine Insel Penang, am nördlichen Ende der Melaka Straße. Er ließ ein Fort bauen, gründete Georgetown, benannt nach dem britischen König George III, und richtete damals (noch vor Melaka und Singapur) den wichtigsten Handelsplatz für die britische East India Company ein, sowie eine militärische Präsenz gegen einen zunehmenden französischen Einfluss. Der Hafen von Georgetown, deklariert als offene Handelszone, wurde zum wichtigsten Umschlagplatz für die Waren aus den britischen Kolonien, aus dem Süd-Ost-Asiatischen Raum und vor allem China. Light sicherte sich die Insel Penang indem er dem Sultan von Kedah Unterstützung gegen Siam (heutiges Thailand) versprach. Die wurde jedoch von der East India Company nicht nach den Vorstellungen des Sultans eingehalten und 1790 kam es zum Kampf um die Insel, den der Sultan verlor. Man einigte sich auf eine jährliche, eher symbolische, Nutzungsgebühr und Penang blieb bis 1956 unter britischer Verwaltung. Begünstigt durch den regen Handel, zu dem auch die Niederlande beitrugen, siedelten sich chinesische und indische Händler an, deren Gebäude und Anwesenheit damals wie heute das Stadtbild prägen.

Die aus der Kolonialzeit verbliebenen Gebäude und das Fort liefen wir an unserem ersten, glühend heißen Vormittag in Georgetown ab. Nach einem schlimmen Fehlgriff in den Kühlschrank eines kleinen Shops, wir hatten 2l hustensaftähnliches Getränk mit Kohlensäure (Sarsi = Sarsaparilla) erworben, und angesichts der ungekannt schwülen Hitze, zogen wir es einige Tage lang vor in den arktisch herabgekühlten Starbucks-Läden unserer Kaffeesucht zu fröhnen. Konnten wir uns doch bequem einreden, dass wir sonst der Sonne nicht entkommen konnten. China-typisch waren die schmalen Kolonaden (Five Foot Ways, Kaki Lima auf malayisch) gänzlich eingenommen von den Händlern und ihrer Ware oder, sehr zu unserm Unverständnis, von scheinbar schutzbedürftigen Mopeds. Sobald es jedoch etwas Kühler wurde, schlossen wir uns den Malayen an und probierten uns durch die diversen Küchen der Inder, Muslimen und Chinesen, in Restaurants wie auf Food Courts. Alles war lecker und unkompliziert. Die Preise standen überall dran, es gab kein Handeln und man begrüßte ums stets auf Augenhöhe. Allein in einem indischen Restaurant bestand der Kellner selbstbewusst auf einen Gesamtpreis, der uns, im nachhinein, fast verdoppelt vorkam - blöd von uns. Der restaurantbetreibende Inder rückte damit an die Stelle des Süd-Ost-Asiaten hinsichtlich mutmaßlichen Betruges (es passierte trotzdem noch einmal).

Am zweiten Tag fuhren wir mit dem öffentlichen Bus bis an das nordwestliche Ende der Insel, um den Tag im kleinsten National Park der Welt zu verbringen. Nach der Registrierung bei den Parkrangern, man könnte ja verloren gehen, folgten wir dem Weg entlang der Küste zum Monkey Beach (Affenstrand). Das Witzeln über den gut ausgebauten Planken-Weg verging uns dann recht schnell, als dieser verschwand und zum typischen Dschungelpfad wurde (mit feucht-tropischer Hitze, versteht sich). Ein paar Makaken, ein flüchtender Waran (Monitor Lizard), sowie Ameisenstraßen mit gigantischen Ausmaßen entschädigten jedoch ausreichend. Am Monkey Beach konnten wir leider keine Affen beobachten, dafür aber ein paar Familien mit Frauen in schwarzen Burkas und Männern mit nackten Oberkörpern, sicher Touristen aus dem arabischen Raum. Es sei an dieser Stelle nur kurz geschrieben, dass dieser Aufzug einmal wieder arg an unserem Verständnis für diese unterschiedlichen Auslegungen des Islams nagte.

Wir entschieden uns noch für das Weitergehen zum Leuchtturm der Insel, Puka Head. Der Blick über die Wälder und das Meer entschädigt ein bisschen für den schweißtreibenden Aufstieg. Dummerweise hatten wir das Beweisfoto vom Turm selbst vergessen, so dass wir die letzten Höhenmeter zweimal bewältigten. Dafür gab es dann ein eher wenig erfrischendes Bad im Meer, dass viel zu warm war und irgendwie nicht so richtig sauber (das vermehrte Anschwemmen von Müll hat das ehemalige Badeparadies Penang für Strandurlauber uninteressant gemacht hat). Auf dem Rückweg sahen wir dann noch einen gewaltigen Indischen Fischotter, der sich mit eindrucksvoll kräftigen, bodenerschütternden Bewegungen vom Strand vor uns ins Meer flüchtete, bevor wir mit dem Bus vom absolut lohnenswerten Nationalpark zurück in die Stadt fuhren.

Nach so einem anstrengenden Tag gab es erstmal wieder einen gemütlichen Ruhetag, ganz dem Kaffee, dem Essen und zu guter Letzt der weiteren Planung für Malaysia gewidmet. Als nächstes Ziel entschieden wir uns für die Cameron Highlands. Von Dschungelwanderungen bei angenehmen Temperaturen, ob der Höhe, und dem Erdbeerparadies Malaysias war da zu lesen - verlockend in der Hitze Penangs. Aber erstmal versüßten wir uns weitere Stadtbesichtigungstouren mit der Suche nach Geochaches und erklommen dafür sogar Mount Olivia mit stattlichen 270m Höhe. Insgesamt legten wir an zwei Tagen dabei immerhin 25km quer durch die Stadt zu Fuß zurück, wovon unter anderem auch 7-Eleven mit dem Verkauf von Slurpees profitierte.

Georgetown gefiel uns gut, von der Insel selbst hatten wir leider nicht so viel gesehen. Es ließ sich dort gut aushalten, Touristen werden nicht wie Geldmaschienen behandelt und obwohl das Stadtzentrum zum Weltkulturerbe gehört, war es doch in erster Linie eine belebte Stadt, in der es nicht darum ging sich auszustellen (wie leider so oft in China gesehen).

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Karten

Fakten

  • Bus von Alos Setar nach Butterworth (Fähre), 2h, 9RM
  • schrulliges, aber ganz gutes Pin Seng "Hotel", für nur 35RM im DZ ohne Bad
  • guter Food Court im New World Park, beim Tune Hotel - leider abends nicht lange

Penang Nationalpark

  • Bus #101 von Georgetown, z.B. südliches Ende Love Lane (gegenüber 7-Eleven), ca. 1h, 4RM, letzter Bus zurück um 18:00
  • kostenloser Eintritt in den NP, Registrierung mit Wegangabe erforderlich
  • Zelten kostenlos gestattet (die Webseite behauptet das Gegenteil!) - Ausrüstung jedoch knapp halten, da die Wege anspruchsvoll sind und es eh viel zu heiß ist
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