12.02.2012 Von Kunming nach Bac Ha - Good Morning, Vietnam

Aus RTW

Chillen in Kunming - zu kurze Nacht im Schlafbus - Bild mit Funktionär - Sicherheitstheater - abgezockt

Nach drei Monaten China ging es nun endlich in das nächste Land, nach Vietnam. Wirklich "endlich"? Nach unserer klaren Erkenntnis, dass wir Städtreisende wirklich nicht sind, kam uns Yunnan als das China vor, auf das wir fast drei Monate lang vergeblich gewartet hatten. Hier findet sich Natur und Kultur kostenlos oder zu überschaubaren Preisen, man findet Wanderziele und selbst einfach so unter einem Baum neben einem Weg zu kampieren ist möglich, ohne, dass man im Acker liegt oder von ständigen Fußgängern behelligt wird. Kurz gesagt: Wir haben Südchina zu spät gefunden. Doch da wir bald eine Verabredung in Vietnam haben und unser China-Visum nicht noch einmal verlängern wollen, müssen wir, eigentlich zu früh von hier fort - auf der anderen Seite soll es eine Weltreise werden; wiederkommen können wir immer.

Am 11.02.2012 fuhren wir, nach einem Tag in der Sonne im Camilla Youth Hostel in Kunming, mit dem Nachtbus von Kunming an die Grenze nach Hekou. Während sich das Land China mit dem schönsten Sonnenuntergang der gesamten Zeit verabschiedete, blieben die Menschen spitzfindig wie bisher. Bei der Abfahrt aus Kunming ließen uns die Mitarbeiter des Busbahnhofes ziemlich im Dunkeln stehen. Sie wollten uns bis kurz vor Abfahrtszeit nicht in den Bus einsteigen lassen, an dem groß unser Ziel geschrieben stand. Sie ließen sich auch nicht dazu herab uns zu bedeuten, dass es noch eine zweiten Bus gibt, der erst wenige Minuten vor Abfahrt eintrifft. Nach ca. 10 Stunden sehr schlechten Straßen und ohne WC an Board, setzten sie uns kurz vor fünf Uhr in Hekou gute fünf Kilometer vom eigentlichen Busbahnhof, der direkt an der Grenze liegt ab, und natürlich stand dafür eine ganze Batterie Taxis da, in die brav die anderen Touris und Chinesen einstiegen. Nur wir nicht. Wir zückten das GPS, das dank OpenStreetMap neuerdings noch informativer - mit echter Landkarte - ist, und beschlossen, dass wir auch einen Morgenspaziergang machen könnten, insbesondere beim lächerlich hohen Preis der Taxis. Auf dem Weg fanden wir sogar noch eine leckere Nudelsuppenküche, in der wir, kurz nach 6 Uhr, die ersten Gäste des Tages waren. Kurz darauf waren wir auch schon an der noch geschlossenen Grenze und erkundeten die Umgebung nach einem geeigneten Warteplatz. Direkt am Fluss neben dem Übergang grüßte uns ein Chinese mit rotem Halstuch und winzigem Radio aus dem es laut plärrte. Auch von der anderen, vietnamesischen, Flussseite hörten wir von 6 bis 7 Uhr irgendwelche Durchsagen, ein noch leiser Vorgeschmack auf die kommenden Morgenstunden in Bac Ha. Kaum hatten wir uns vor dem Grenzgebäude niedergelassen, erschien auch gleich der nächste Chinese, der uns in sein Café locken wollte, schließlich sei es kalt und noch 45 min bis zur Grenzeröffnung. Wieder zogen wir um, zurück zum Flussufer, wo wir wiederum bald von einer kleinen Truppe umlagert wurden. Nacheinander ließen sie sich neben dem Grenzstein fotografieren und dann noch jeder zusammen mit einem der älteren Herren. Zum Schluss musste sogar Pablo herhalten und wurde neben den Mann gestellt. Da Pablo jedoch mehr als unzufrieden aussieht, hoffen wir, dass die Aufnahmen keine Verwendung finden werden. Anschließend ging der Trupp zur Flaggenparade und wurde abermals wie verrückt fotografiert. Pünktlich um 8 wurde die Flagge gehisst und die Grenze auch auf chinesischer Seite geöffnet und somit begann der tägliche Kampf der vietnamesischen Gemüsehändler: Im Laufschritt kommen sie mit ihren schweren Körben angelaufen, werden in kleinen Gruppen vorgelassen, setzen ihr Körbe für den Drogenhund ab und stürmen dann zu den schon wartenden chinesischen Einkäufern, die mit ihren Vehikeln bereits warten. In unsere Richtung war dagegen nichts los. Die entspannte Stimmung nutzen wir um die Grenzbeamten zu fragen, welch verdienter Funktionär denn die Flaggenparade beehrt hatte, aber das wussten sie selbst nicht. Ohne Probleme ging es durch die chinesische Passkontrolle (für das Gepäck interessierte sich niemand), hinter der uns, noch im Niemandsland, auch sogleich ein paar Vietnamesen begrüßten. Eifrig boten sie uns an einen Minibus zu unserem Wunschziel zu organisieren und das alles noch bevor wir durch die vietnamesische Grenze durch waren, bei der es allerdings ebenfalls nichts aufregendes gab.

Da waren wir also, kurz nach 7 Uhr (chinesische Zeit -1h), in Vietnam. Und doch erstmal gar nicht so anders als China. Immerzu wurden wir belagert und nach unserem Reiseziel gefragt, diesmal allerdings in ganz passablem Englisch. Wir brauchten jedoch erstmal Geld und, nach zwei nächten in Folge in Vehikeln, einen guten vietnamesischen Kaffee. Ersteres fanden wir gleich hinter dem Grenzübergang, zweiteres in der Innenstadt von Lao Cai, am Bus- und Zugbahnhof und jedesmal mit einer kleinen Überraschung. In Vietnam nehmen die Banken pro Geldabhebung 20'000 Dong Gebühren (ca. 60 Cent) und der Kaffee war mit 1 Euro fast so teuer wie in Spanien.

Und da dachten wir, nach China wird es endlich ein bisschen preiswerter, aber die Rechnung ist noch ohne die Vietnamesen gemacht. So lustig, wie die folgenden Geschehnisse vielleicht in 10 Jahren sein werden, jetzt lassen sie mich jedoch an der Freundlichkeit und den Menschen arg zweifeln. Immer wieder wurden wir am Bahnhof gefragt, wo wir hin wollen. Gaben wir Sa Pa als Ziel an, variierte der Preis zwischen 50'000 und 150'000 (im Loney Planet steht als Richtpreis 28'000). Nicht so schlimm, fahren wir erst mal Bac Ha, da ja Susi in zwei Wochen sicher das Bergdorf Sa Pa ohnehin sehen will. Also gaben wir auf erneute Nachfrage unser Ziel bekannt und erfuhren, dass der letzte große Bus bereits abgefahren war, aber der Junge wollte so gleich telefonisch sicherstellen, dass uns der nächste Minibus mitnimmt. Preis war ihm unbekannt, den erfragt man beim Fahrer. Aber, überraschenderweise, wusste er, dass die Preise im "Buch" nicht mehr aktuell sind. Anscheinend hatten schon zu viele Touristen den Lonely Planet bei Preisverhandlungen hoch gehalten. Plötzlich war auch wieder ein uns inzwischen bekannter Mann da, der uns schon tatkräftig bei der Suche nach einem Bus nach Sa Pa helfen wollte. Unvermittelt ging es dann auch los. Wir wurden zu einem Minibus auf der anderen Straßenseite geschoben, aus dem ein runder, stark nach Alkohol riechender, Mann ausstieg und frei heraus 500'000 Dong für uns beide verlangte (50'000 laut Lonely Planet). Viel zu viel, versuchten wir zu kommunizieren und das wir dann eben wo anders hinfahren. Doch die Verhandlungen gingen weiter, jemand sprach auf Pablo ein, jemand auf Petra und schließlich kamen alle auf einen Preis von 350'000 Dong. Der dicke Mann nahm das Geld in Empfang, platzierte uns im Bus... und stieg dann, zu unsere Überraschung aus, nicht ohne dem eigentlichen Konduktor etwas in die Hand zu drücken. Später sah Pablo, dass die anderen Fahrgäste weit unter 100'000 zahlten. Diese Masche haben wir uns also damit erarbeitet: Es steigt jemand außerhalb der Sichtweite der Touris ein, gibt sich als Konduktor aus, verhandelt den Preis und verschwindet dann mit dem Gewinn. Immerhin musste wir nicht nochmal beim echten Konduktor bezahlen. Ohne in einer Zwangslage zu sein, bezahlten wir das Geld primär, weil wir, den vietnamesischen Preisen noch unvertraut, den Fehler machten und den - uns bewussten - Aufschlag in Euro umrechneten, womit er sich relativierte. 8 Euro mehr erscheinen bei einer 2-Stunden-Busfahrt nicht als grober Wucher, setzt man es jedoch in vietnamesische Maßstäbe so sind das gut und gerne zwei Übernachtungen im Doppelzimmer. Unser Fazit: Zeit lassen, erst "ja" sagen, wenn man zufrieden ist, im Zweifel warten wir das nächste mal auf den nächsten Bus - selbst wenn der erst am nächsten Tag fährt und man übernachten muss, kann das günstiger sein.

Etwas demotiviert kamen wir nach fast zwei Stunden im sonntäglichen Marktgewimmel von Bac Ha an und fanden schnell ein Zimmer zu einem nachvollziehbaren Preis. Den Nachmittag verbrachten wir auf dem Markt, aßen Nudelsuppe (Reisnudeln, Glutamat, Sprossen, Minze, Zitrone) und schauten uns die anderen Hotels an, fragten hier und da nach dem Preis. Das Angebot auf dem Markt von handgemachten, ausgesprochen bunten Stickereien der Mongh Minderheit in Form von Taschen, Röcken und Tüchern ist schier beeindruckend. Und hört man die Preise, möchte man sich fast damit eindecken aber zum Glück sind die Kapazitäten unsere Rucksäcke beschränkt und selbst das Vertrauen in die genannten, niedrigen, Preise erschüttert.

Unser erster Tag in Vietnam war somit wenig glanzvoll und lässt uns etwas skeptisch auf die kommenden Wochen schauen.

Fakten

  • Schlafbus von Kunming nach Hekou zu 143 RMB p.P. 27 RMB Aufschlag fürs Buchen über Camilla Travel Service
  • Die Grenzkontrolle zwischen China und Vietnam beschränkte sich in unserem Fall auf das Abstempeln unserer Visa. Keine Zusatzkosten ("Bearbeitungsgebühr", ...)
  • Geldwechsel RMB zu Dong scheint in Lao Cai nur zu Phantasiekursen möglich
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