10.09.2012 Bajawa - Kurzer Besuch bei den Ngada

Aus RTW

Erholung vom indonesischen Verkehrswesen - wieder frei auf dem Motorrad - aussterbende Kultur

In Bajawa, der Hauptstadt des Ngada-Distriktes auf Flores, kamen wir am frühen Nachmittag mit dem Bus aus Ende an. Überraschend untouristisch, standen uns, wie in Ende, nur drei Unterkünfte zur Verfügung, von denen wir uns für das Wisata Bitang (die wohl beliebteste Biersorte Indonesiens) entschieden. Nach der etwas schlauchenden 26 Stunden Reise auf dem Pelni-Schiff und unserer nächtlichen Vulkanbesteigung, war ich mehr als müde und so blieb es bei einem Mittagsschlaf und einem kleinen Spaziergang durch die chaotische Stadt, deren Zentrum nahezu komplett aus einem Markt besteht - einem Markt, auf dem man leider zu sehr den Bogen bei den Preisansagen für uns überspannte. Da konnten sogar die anderen Einkäuferinnen nur mit dem Kopf schütteln. Mit Einbruch der Dunkelheit, gegen 18Uhr, war es jedoch auch mit dem Shoppen vorbei und die Straßen, ohne jede Beleuchtung, wie leer gefegt und die Stadt wie ausgestorben. Allein in einem Touristenrestaurant war noch Leben, zu viel (an Weißen und Geld) für unser Geschmack und so hielten wir uns an die örtliche Küche in Form einer Nudelsuppe.

Gesang in Luba

8306435899_da6a8aab73_m.jpg Am nächsten Tag liehen wir uns übers Hotel ein Moped um die umliegenden, traditionellen Ngada-Dörfer zu besichtigen. Ausgerüstet mit einer Skizze der Dörfer und Straßen fanden wir sogar zu unserem ersten Dorf Luba. Überraschen aufgeräumt standen kleine Holzhäuser auf ein paar niedrige, penibel gefegten Lehm-Trassen in einem Viereck. Sobald man also das Dorf betrat, stand man auch schon im Mittelpunkt, sowohl örtlich als auch in dem der Aufmerksamkeit. Das Besucherbuch war schnell herbei gebracht und die Spendebox freigelegt und dann spazierten wir über den Platz, vorsichtig, fast bei jedem Foto fragend bis uns eine alte, sehr alte Dame fand und uns das heiligste des Dorfes zeigte: das Ahnenhaus. Am oberen Ende des Dorfes war es ein größeres Haus mit zwei Räumen, einen für die Frauen und eines für die Männer. Beständig singend und von "Mama", "Papa" und "Jesus" redend zeigte sie uns die dunklen, kargen Räume mit kleinen Feuerstellen und wenigen religiösen Gegenständen. Anschließend holte sie eine Rübe und zeigte sie uns. Wollte sie sie uns geben, wollte sie Geld für Essen oder zeigen, wie reichlich Jesus Christus unsere Tische füllte? Erstmalig war der Wunsch nach einem Guide oder wenigstens einem Übersetzer groß und sicher hätten wir dann noch mehr von der alten Dame und ihrem Leben erfahren. Nach einem letzten Lied brachte uns die Frau zu unserem Moped und scheinbar war es an der Zeit für uns abzufahren.

Touristendorf Bena

8305425711_91f9857ba1_m.jpg Unser zweites Dorf war Bena, das wohl bekannteste und touristischste Dorf der Region. 2010 waren es 3'750 ausländische Besucher, seit dem geht es etwas bergab mit den Zahlen - scheint, als wenn die Attraktivität des Dorfes Segen und Fluch für die Anwohner ist, die sich der wandelnden Geldquellen sehr bewusst sind. Hier ist es, wo die meisten geführten Touristen ihre Fotos machen - nur zwei Ratschläge zum Thema Rücksichtnahme gibt es von den Guides: Nicht küssen und nicht auf die Gräber treten. Noch während wir unser Moped abstellten, hatten wir die zahlreichen, teilweise halbnackten Touristen bei beidem gesehen. Bei Bena handelt es sich aber auch um ein wahres Vorzeigeexemplar, kann es doch fast alle religiösen und kulturellen Eigenheiten der Ngada vorweisen. Zwei parallele Hausreihen stehen sich gegenüber und bilden somit einen großen eingerahmten Platz, auf dem sich unter anderem die zeremoniellen Plätze der Clans befinden. Pro Clan-Familie des Dorfes gibt es ein Paar von Bhaga und Ngadhu, einen Steinaltar und Megalithen für die Kommunikation mit Geistern und, meist tierische, Opfergaben. Die Ahnenverehrung hat einen hohen Stellenwert in der adat Religion der Ngada. Bhaga, kleine reetgedeckte Hütten symbolisieren Geborgenheit und Weiblichkeit - sie dienen der Ehrung der weiblichen Vorfahren. Ngadhu wiederum, kleine Reetschirme mit kunstvollen Schnitzereien, stehen für Stärke und Potenz und unter ihnen werden Rituale zur Ehrung der männlichen Vorfahren vollzogen. Zusätzlich gibt es noch Lenggi, ein großer flacher Stein, der als Richthof für die Klärung weltlicher Belange zwischen den Clans eines Dorfes dient. Am höchsten Punkt von Bena, ist ein kleiner Pavillon errichtet, von dem aus man einen beeindruckenden Blick auf die Landschaft hat und der Vulkan Inerie (2245m) fast zum Greifen nahe ist.

Nach der intensiven Begegnung in Luba, spazierten wir in freudiger Erwartung in Bena ein, merkten jedoch schnell, dass wir nur zwei von zahlreichen Besuchern waren. Uns beschlich ein unangenehmes Gefühl, als wir wie in einem Zoo an den Hütten vorbei gingen. Die davor hockenden Anwohner grüßten ohne jede Herzlichkeit zurück und zeigten rasch auf die Souvenirs - übelnehmen kann man es ihnen nicht! Am Ende unseres Rundganges war gerade ein kommunales Mittagessen mit Reisschnaps als Hauptmahlzeit im Gange und man bot uns ein Stück Kokosnuss zum Verkosten an. Hey! Ein erster Kontakt, abgesehen vom Geld, war hergestellt. Wir zückten unsere Flasche Reisschnaps (hatten wir von einem Muslimen bekommen, der sie ebenfalls geschenkt bekommen hatte, sie aber nicht trinken kann) und boten sie dem Ältesten in der Runde als Geschenk dar. Nach einem ersten Schluck wurde unser Gebräu für gut genug befunden um in der stetig kreisenden Karaffe zu landen. Unser Plan, in die Runde aufgenommen zu werden ging jedoch nicht auf, man ignorierte uns, bot uns maximal Schalen aus Kokosnuss zum Kaufen an. Etwas geknickt traten wir den Rückzug an, nicht ohne dass uns noch jemand an das Ticket-Häuschen verwies. 20'000 Rupies sollte uns der Besuch des Dorfes kosten. Leider hatten wir den Betrag nicht passend zu Hand, nur ein 50'000 Rupies-Schein, wesentlich zu viel. Wechselgeld hatte natürlich niemand um uns herum - wozu auch, erwartete man doch, dass wir einfach alles "spenden". Wir verwiesen auf die bereits gespendete Schnapsflasche und hatten schließlich mit unserer Aussitzen-Taktik Erfolg (später konnten wir durch beobachten auf Märkten bestimmen, dass die Flasche Reisschnaps selbst wohl ungefähr 50'000 Rupies wert war).

Heiße Quellen und Nage

8306514850_f7bf502a81_m.jpg Das alles hat sich nicht richtig angefühlt und so hielten wir uns beim nächsten Ziel an die Natur und fanden nach ein paar Kilometern auf schlechten Straßen und dank netter Menschen eine heiße Quelle, ein Badeplatz für Einheimische und (wenige) wissende Touristen. Es ist nicht wirklich eine Quelle, eher fließen zwei kleine Flüsse, ein sehr heißer und ein kalter, zusammen und die Mischung ergibt eine angenehme Temperatur. Wir ließen das Baden sein, da die Stelle bereits von anderen Touris besetzt war, und fuhren wieder bergan auf der Suche nach Nage. Weit ab vom Schuss und der Reichweite der Touristen-Jeeps hofften wir dort ein authentisches Dorf zu finden. Obwohl uns Anwohner den Weg nach oben versperren wollten und jegliche Existenz von Nage leugneten, fanden wir es schließlich doch, idyllisch am Berg gelegen und ganz und gar unvorbereitet. Es wurde gerade ein neues Haus gebaut und entsprechend war der gesamte Platz voll mit Baumaterialien. Weder Besucherbuch noch Souvenirs wurden uns vorgelegt, und so standen wir etwas unsicher im Dorf herum - immerhin lächelten die Anwohner freundlich. Rettung kam in Form eines Fischverkäufers, der mit seinem Moped und zwei großen Fässern voll Wasser und Fisch von Dorf zu Dorf fährt und dazu überraschend gut Englisch spricht. Mit ihn zusammen bot man uns Sitzplatz und Ananas an und unsere freiwillige Dank-Spende ans Dorf entsprach fairerweise dem Ananaspreis. Das alles fühlte sich bedeutend ehrlicher und angenehmer an, hoffentlich nicht nur für uns. Überraschend bei der Unterhaltung mit den Menschen war wiedermal, dass, obwohl wir in dem Fischverkäufer einen unerklärerlich fähigen Übersetzer hatten, die Menschen selten Fragen an uns haben, die über Beziehungstand und Kinderzahl hinausgehen, selbst wenn wir die Leute regelrecht auffordern welche zu stellen - wissen sie alles über uns, oder fehlt es an jeder Vorstellung, oder gar Interesse?

Wogo Lama

8305610571_3e6d0e211c_m.jpg Unser letztes Ziel hatten wir mit Wogo Lama auf dem Plan, was wir nach einem kurzem Snack in einem Bretterbau-Imbiss, auf Umwegen fanden. Der Besitzer des Imbisses, ein überzeugter Christ, verheiratet mit einer Muslima, wies uns den Weg und wollte uns sogar seinen Sohn mitgeben. Bei Wogo Lama gibt es jedoch nicht viel zu sehen bis auf ein paar Megalithen, zusammengestellt zu Gräbern oder als Opferstellen. Und so fuhren wir auf Umwegen, über Wege, für die gerade erst der Wald gerodet wurde, zurück nach Bajawa.

Weiterreise nach Labuanbajo

Am Abend suchten und fanden wir das Haus des Busbetreibers am Rande der Stand, sicherten uns zwei Plätze für 6Uhr am nächsten Morgen nach Labuanbajo am westlichen Ende von Flores. Entsprechend früh ging es dann morgens los, bereits 5:30 stand der Bus da um uns einzuladen, nur, um dann noch ewig durch die Stadt zu fahren um andere Passagiere aufzuladen - wir bevorzugen da dann doch das altbekannte "Alle kommen zum Busbahnhof"-Prinzip! Die Fahrt ging quer durch über die Insel und Berge, mit Ausblicke und kurvigen Straßen, die uns noch im rüttelnden Bus an eine Wiederkehr mit einem Motorrad denken. Labuanbajo erreichten wir erst im Dunkeln und nachdem wir alle anderen Passagiere bei ihren Häusern abgesetzt hatten, wurden wir an einer Kreuzung ausgesetzt - zum Glück näher an unserem Hotel, als wir befürchtet hatten. Das Zimmer war schnell bezogen und wir spazierten noch kurz auf der Hauptstraße am Wasser entlang und studierten die Angebote der Touristen-Agenturen. Uns wurde eine kleine, kurze Kreuzfahrt von Flores nach Lombok mit Stop bei der Komodo Insel empfohlen. Es schien eine perfekte Lösung für uns, konnten wir so Weg Richtung Java zurücklegen und dabei die berühmt-berüchtigten Komodowarane sehen. Doch mehr als der Preis, machten wir uns Sorgen um die Abfahrtstermine der Boote. Unser Flug von Jakarta, noch fast 1'500km entfernt, nach Indien rückte näher und wir waren noch ohne Indien-Visum, welches wir erst in der indonesischen Hauptstadt beantragen konnten (vom Konsulat in Denpasar wusste wir damals noch nichts, hatten aber auch nicht vor Zeit auf Bali zu verbringen). Uns und den Mitarbeitern der Botschaft räumten wir dafür fünf Tage Zeit ein, was uns jedoch bei der Planung der letzten Wochen in Indonesien etwas einschränkte. Reisen mit Zeitdruck! Wie macht man das, wenn man nur einen Jahresurlaub hat?! :)

Karten

Weblinks

Fakten

  • Hotel Bisang Wisata bietet verhältnismäßig ordentliche Zimmer in verschiedenen Preisklassen, ab 150'000 INR inkl. ordentlichem Frühstück
  • Moped privat von Angestellten des Hotel für 100'000 INR für einen Tag
  • Eintritt für die Dörfer Luba und Bena je 10'000 INR pro Person
  • Bus der Firma Gimini nach Labuanbajo für 100'000 INR pro Person
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