19.10.2011 Wandern bei Dugan Khad, oder, wieder Angst vor Bären

Aus RTW

Bevor wir wieder ins mongolische Outback aufbrechen, hier noch ein kurzer Bericht über die vergangenen Tage. Über eine mongolische Bekannte haben wir den Kontakt zu Einer bekommen, die eine Jurte in der Nähe von Ulan Bator zu stehen hat, in der wir einige Tage verbringen können. Die Gegend ist ein beliebtes Wochenendziel bei den Mongolen, die dort ihre Jurten aufstellen, wie wir unsere Bungalows in schönen Umgebungen. Gesagt, getan, schließlich wollen wir ja nicht hier in Ulan Bator unsere Tage fristen.... Nach vier Tagen bei Dugan Khad, 87km nordwestlich von Ulan Bator sind wir nun wieder zurück in der Stadt. Dank der Jurtenbesitzerin, die wir am Abreisemorgen am Busbahnhof trafen und die uns nach Verhandlungen mit dem Busfahrer fast eine Stunde vor der Abfahrt in den Bus setzte, konnten wir am Mittwoch, den 19.10, mit einem Linienbus von der Dragon Station im Westen der Stadt um 10 Uhr Richtung Bornuur aufbrechen. Für die Fahrt mussten wir 5000 MNT pro Person und weitere 2000 MNT für unser Gepäck (große Gepäckklappen unten am Bus) zahlen. Eigentlich wollte der Fahrer insgesamt 4000 MNT für die beiden Rucksäcke haben, was jedoch erfolgreich von unserer mongolischen Begleitung nach unserem Widerspruch runtergehandelt werden konnte. Um die Zeit bis zur Abfahrt noch zu versüßen, nahmen wir das Angebot von einer fliegenden Händlerin an und kauften zwei Buuz (kleine Teigtaschen, gefüllt mit Hammelfleisch-Gemüse-Mischmasch für 400 MNT), die wirklich sehr lecker waren und die wir überraschend gut vertragen haben. Als es dann mit ca 25 Minuten Verspätung endlich losging, waren wir nach zwei Stunden an unserem Ziel, der Straßenkreuzung nach Dugan Khad, kurz nach einem regulären Stop an der Rast- und Tankstelle Urikhan.

Nachdem der Fahrer uns also wortkarg in Mitten des Nirgendwo ausgeladen hatte (Erinnerungen an Island wurden wach), wanderten wir bei bestem Wetter die ca. 7 km Richtung Nordwesten in das Tal in Richtung Dugan Khad. Je weiter wir vorankamen, desto offensichtlicher wurde aber, dass es sich mit Nichten um (vielleicht erhoffte) Einöde handelt, sondern um, fast heimische, landwirtschaftlich geprägte Gegend mit Viehzucht, ein wenig Ackerbau und Heuernte. Auch kamen immer wieder Autos an uns vorbei, von denen einige eine Mitfahrgelegenheit anboten, die wir aber ausschlugen. Schließlich müssen wir ja auch irgendwann mal mit dem Wandern und dem Tragen der schweren Rucksäcke anfangen. Außerdem hatten wir zum ersten Mal unser Solarpanel am Rucksack am Einsatz, Energiegewinn war jedoch nicht wirklich zu verzeichnen. Jedoch waren wir dann auch überraschend schnell an "unserer" Jurte, die wir dank einer Skizze der Besitzerin gut finden konnten. Den Rest des Tages verbrachten wir mit einem kleinen Rundgang über unseren Hausberg mit Blick übers Tal, mit Holzsammeln, Teetrinken, und mit dem Betrachten der schönen, felsigen Talkulisse gegenüber. In der Jurte selbst waren insgesamt sechs Betten und ein bisschen Küchenzeugs. Dazu gab es einen Ofen in der Mitte, der ständige Aufmerksamkeit brauchte um uns einigermaßen warm zu halten und ein bisschen Wasser zum Kochen zu bringen. Die "Toilette", ein windiger Schuppen mit zwei Löchern im Boden, stand ganze 50 kalte Meter von der Jurte entfernt.

Nach einer ruhigen und recht frischen Nacht verabschiedeten wir uns am nächsten Morgen von der Sicherheit der Jurte und machten uns mit Sack und Pack auf Richtung Westen für eine zwei oder drei Tagestour. Nur ca. 2km weiter westlich kamen wir, nahe einem markanten Felsen, an einem sowjetisch beeinflusstes Naherholungsheim für verdiente Funktionäre vorbei und dann, nur ein Kilometer weiter, wieder an einem Urlaubscamp für Mongolen. Danach war endlich mehr Einsamkeit, so dass wir nach zwei Stunden wandern uns doch fragten, warum wir das Ganze überhaupt machen. Viel zu sehen gab es nicht, es ging stetig bergan und es schneite noch immer ganz sachte. Erst ziemlich zum Ende unserer Tagesetappe kamen wir durch ein schönes Tal, in dem wir unser Nachtlager aufschlugen. Während der Nacht fing es kräftig an zu schneien und wieder haben neugierige Mäuse uns nicht durchschlafen lassen - obgleich das Essen diesmal weit entfernt auf einem Baum hing. Wieder kam mit dem Geraschel die Angst vor Bären und somit auch die Schlaflosigkeit. Hätten wir da gewusst, dass nur ein Stück weiter bereits wieder die Zivilisation beginnt, hätten wir sicher besser schlafen können. Aber so ging es schon früh am nächsten Morgen, mit 10 cm Neuschnee, weiter durch das Tal, vorbei an einem LPG-ähnlichen Gelände, bis wir dann ins nächste Ta nach Süden abdrehten und uns durch einen Wald mit fiesen Unterholz auf einen Bergrücken und dann darauf entlang quälten. Vor Sorge um die nahende Dunkelheit und eventuell dort lebende Bären, trauten wir uns kaum Pausen zu machen und stolperten mehr oder weniger durch das Gestrüpp und sahen lediglich einmal Spuren einer Wildkatze im Schnee. Die Eile sollte sich dann aber aus einem anderen Grund bezahlt machen.

Als dann endlich unser Heimattal mit behaglicher Jurte und somit der Abstieg in Sicht kam, verzögerte dann ein gemeines Felsblockmeer, über das wir uns mühsam von Fels zu Fels bewegen mussten, unsere Heimkehr im Hellen, so dass wir dann schlussendlich mit Stirnlampen die letzten Kilometer durchs Tal und Dorf entlang mussten. Dank der vorhergehenden Eile war die Nachtwanderung aber zum Glück auf sicheres Terrain beschränkt und uns blieb das Felsmeer bei Nacht erspart. Endlich in der Jurte angekommen, wurde kräftig eingeheizt und ein ganzes Kilo Nudeln verspeist und nicht wie sonst nur ein Pfund - Luxus auf outdoorisch.

Ziemlich fertig von der Zweitagestour wurde der nächste Tag dann ein Ruhetag am Ofen und am darauffolgenden Tag ging es dann wieder zurück zur Tankstelle auch der Suche nach einem Bus, der uns zurück nach UB fährt. Nachdem uns dann aber der erste Busfahrer einfach ignoriert hat, hat uns ein Mongole kurzerhand samt Rucksäcken in seinen dicken Jeep eingeladen und uns in zwei Stunden nach UB und dann eine Stunde durch UB bis fast zu unserer Unterkunft gefahren. Da er jedes Geld ablehnte, drängten wir ihm fast alle unsere Schokoriegel auf, die er lachend annahm.

Soweit also von unserem zweiten Ausflug in die Natur mit Zelt. Aus einer geplanter Dreitagestour wurde auf Grund von Kälte und Bärenangst eine Zweitagestour und der einsetzende Winter lässt Übernachtungsmöglichkeiten mit festen Wänden deutschlich einladender wirken. Nichtsdestotrotz haben wir nach nur einem Tag in UB den nächsten Ausflug geplant und gestartet.

Videos

Koordinaten

Dragon Station im Westen von Ulan Bator
N47 54.650 E106 49.216
Straßenkreuzung nach Dugan Khad
N48 28.740 E106 10.319
Tankstelle Urikhan nördlich Abfahrt Bornuur
N48 28.372 E106 11.020

Fakten

Karten

48.477189106.073585

48.477189, 106.073585


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