30.09.2011 Verrückt (Moskau): Unterschied zwischen den Versionen

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"Verrückt, oder" sagt sie... Wir sitzen am Bahnhof Jaroslaw in Moskau und warten auf die Abfahrt unseres Zuges. Zunächst hatten wir überlegt womit wir den Abend vor der Abfahrt noch sinnstiftend füllen könnten, doch diese Frage hat die russische Staatsbahn irgendwie für uns beantwortet. Von vielen Horrorberichten und einigen eigenen Erfahrungen gewarnt zogen wir es letztlich vor deutlich zu zeitig am Bahnhof zu sein, um auf Nummer sicher zu gehen - es sollte sich als richtig erweisen. Zwar ist jetzt noch reichlich Zeit, doch wir sind glücklich (auf gepolsterten Stühlen in einem beheizten Warteraum) zu sitzen und unsere Tickets in Händen zu halten. Diese zu bekommen war ein harter Kampf. Von der Buchungsagentur erhielten wir (per Email) ein PDF und die Information, dies genüge zum Fahrtantritt; wir gingen auf "Nummer sicher" und fragten beim Bahnhofspersonal - es gab gemischte Informationen, aber es wurde auf einen Automaten hingewiesen, mit dem man einen Ausdruck seines PDFs in "richtige" Fahrkarten umwandeln kann. Diesen, Menüführung nur auf russisch, zu bedienen und aus den möglichen Dokumententypen auszuwählen, mit der man seine Ausweisnummer kombinieren muss, endete für uns in einer, letztlich erfolgreichen, Orgie aus trial-and-error - bis alle möglichen Kombinationen durchprobiert waren. Wir haben also Tickets, und inzwischen hat sich unser Zug sogar zwischen die bereits zuvor angeschlagenen Züge an der Anzeigetafel geschoben... Zug #44 um 00:35.
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"Verrückt, oder?" sagt sie... Wir sitzen am Bahnhof Jaroslaw in Moskau und warten auf die Abfahrt unseres Zuges. Zunächst hatten wir überlegt womit wir den Abend vor der Abfahrt noch sinnstiftend füllen könnten, doch diese Frage hat die russische Staatsbahn irgendwie für uns beantwortet. Von vielen Horrorberichten und einigen eigenen Erfahrungen gewarnt zogen wir es letztlich vor deutlich zu zeitig am Bahnhof zu sein, um auf Nummer sicher zu gehen - es sollte sich als richtig erweisen. Zwar ist jetzt noch reichlich Zeit, doch wir sind glücklich (auf gepolsterten Stühlen in einem beheizten Warteraum) zu sitzen und unsere Tickets in Händen zu halten. Diese zu bekommen war ein harter Kampf. Von der Buchungsagentur erhielten wir (per Email) ein PDF und die Information, dies genüge zum Fahrtantritt; wir gingen auf "Nummer sicher" und fragten beim Bahnhofspersonal - es gab gemischte Informationen, aber es wurde auf einen Automaten hingewiesen, mit dem man einen Ausdruck seines PDFs in "richtige" Fahrkarten umwandeln kann. Diesen, Menüführung nur auf russisch, zu bedienen und aus den möglichen Dokumententypen auszuwählen, mit der man seine Ausweisnummer kombinieren muss, endete für uns in einer, letztlich erfolgreichen, Orgie aus trial-and-error - bis alle möglichen Kombinationen durchprobiert waren. Wir haben also Tickets, und inzwischen hat sich unser Zug sogar zwischen die bereits zuvor angeschlagenen Züge an der Anzeigetafel geschoben... Zug #44 um 00:35.
  
 
In vier Stunden verlassen wir also nun Moskau, wo wir die letzten vier Tage verbracht haben. Inzwischen sind uns auch die sprichwörtlichen Superlative ausgegangen... alles ist hier größer, höher, schneller, weiter, siegreicher. Die Stalin-Ära ist überall weithin sichtbar in Form von riesigen Bauten und Denkmälern. So waren wir zum Beispiel auf dem alten Ausstellungsgelände, für sowjetische Errungenschaften, auf dem damals die Glanzstücke der Volkswirtschaft in verschiedenen Pavillions gezeigt wurden. Heute ist es eine trostlose Mischung aus Skurilitätenkabinett mit Luftballons- und Buttermaiskolbenverkauf. Die Weite und die vergehende Pracht der Gebäude haben jedoch nach wie vor eine Wirkung, nur betonen sie heute eher das Scheitern der Idee dahinter.
 
In vier Stunden verlassen wir also nun Moskau, wo wir die letzten vier Tage verbracht haben. Inzwischen sind uns auch die sprichwörtlichen Superlative ausgegangen... alles ist hier größer, höher, schneller, weiter, siegreicher. Die Stalin-Ära ist überall weithin sichtbar in Form von riesigen Bauten und Denkmälern. So waren wir zum Beispiel auf dem alten Ausstellungsgelände, für sowjetische Errungenschaften, auf dem damals die Glanzstücke der Volkswirtschaft in verschiedenen Pavillions gezeigt wurden. Heute ist es eine trostlose Mischung aus Skurilitätenkabinett mit Luftballons- und Buttermaiskolbenverkauf. Die Weite und die vergehende Pracht der Gebäude haben jedoch nach wie vor eine Wirkung, nur betonen sie heute eher das Scheitern der Idee dahinter.

Version vom 30. September 2011, 20:17 Uhr

"Verrückt, oder?" sagt sie... Wir sitzen am Bahnhof Jaroslaw in Moskau und warten auf die Abfahrt unseres Zuges. Zunächst hatten wir überlegt womit wir den Abend vor der Abfahrt noch sinnstiftend füllen könnten, doch diese Frage hat die russische Staatsbahn irgendwie für uns beantwortet. Von vielen Horrorberichten und einigen eigenen Erfahrungen gewarnt zogen wir es letztlich vor deutlich zu zeitig am Bahnhof zu sein, um auf Nummer sicher zu gehen - es sollte sich als richtig erweisen. Zwar ist jetzt noch reichlich Zeit, doch wir sind glücklich (auf gepolsterten Stühlen in einem beheizten Warteraum) zu sitzen und unsere Tickets in Händen zu halten. Diese zu bekommen war ein harter Kampf. Von der Buchungsagentur erhielten wir (per Email) ein PDF und die Information, dies genüge zum Fahrtantritt; wir gingen auf "Nummer sicher" und fragten beim Bahnhofspersonal - es gab gemischte Informationen, aber es wurde auf einen Automaten hingewiesen, mit dem man einen Ausdruck seines PDFs in "richtige" Fahrkarten umwandeln kann. Diesen, Menüführung nur auf russisch, zu bedienen und aus den möglichen Dokumententypen auszuwählen, mit der man seine Ausweisnummer kombinieren muss, endete für uns in einer, letztlich erfolgreichen, Orgie aus trial-and-error - bis alle möglichen Kombinationen durchprobiert waren. Wir haben also Tickets, und inzwischen hat sich unser Zug sogar zwischen die bereits zuvor angeschlagenen Züge an der Anzeigetafel geschoben... Zug #44 um 00:35.

In vier Stunden verlassen wir also nun Moskau, wo wir die letzten vier Tage verbracht haben. Inzwischen sind uns auch die sprichwörtlichen Superlative ausgegangen... alles ist hier größer, höher, schneller, weiter, siegreicher. Die Stalin-Ära ist überall weithin sichtbar in Form von riesigen Bauten und Denkmälern. So waren wir zum Beispiel auf dem alten Ausstellungsgelände, für sowjetische Errungenschaften, auf dem damals die Glanzstücke der Volkswirtschaft in verschiedenen Pavillions gezeigt wurden. Heute ist es eine trostlose Mischung aus Skurilitätenkabinett mit Luftballons- und Buttermaiskolbenverkauf. Die Weite und die vergehende Pracht der Gebäude haben jedoch nach wie vor eine Wirkung, nur betonen sie heute eher das Scheitern der Idee dahinter.

26.09.2011
Ankunft in Kurskaya, Moskau, nachts um 22:59. Da wir bereits ein "Hotel" gebucht hatten, waren wir guter Dinge mit wenig Aufwand, nach einmal Umsteigen mit der Metro, in ein warmes, kuschliges Bett fallen zu können. Da hatten wir aber noch keine Bekanntschaft mit der russischen Tür-/Hausnummerierung gemacht und auch nicht mit unseren Vermietern gemacht. Ziemlich hilflos standen wir bald auf der Straße und suchten verzweifelt den Eingang zum vermeindlichen Hotel. Jedoch beschreibt eine Hausnummer immer einen gesamten Block und ein Block kann gut und gern aus sehr vielen Gebäuden bestehen, die wiederum zahlreiche Eingänge haben mit den daraus resultierenden dunklen Gassen (sogar Google Maps und lokale Taxifahrer wissen hier nicht weiter). Auch nach zwei Anrufen im Hotel konnten wir die letzten 150m nicht finden, da die Vermieter kaum Englisch sprachen. Im dritten Anruf baten wir den Gastgeber schlussendlich uns von einem Café in seinem Block abzuholen. Damit noch nicht genug. Das Bett schon vor Augen, schickten sie uns doch tatsächlich noch einmal auf die Straße um nachts um 1 Uhr Geld für die Übernachtungen (in Vorkasse) zu holen. Und das alles für ein Zimmer mit Glastür, 1m vor der Rezeption (eher ein Schreibtisch mit immer brennender Lampe und Rechner) und Durchgangsweg der anderen Zimmer zu Küche und zum Bad. Kurz, es war laut und hell und an Schlaf war nicht viel zu denken. Seltsamer Weise hat der Gastgeber im Flur auf einem Klappbett geschlafen und die Hausdame fast immer in Morgenmantel anzutreffen. Von einem Hotel kann man hier nicht reden. Aber sauber war es und der Rote Platz nur 10 Minuten zu Fuß entfernt.

27.09.2011
Frühstück (Prime Star) - Besuch bei Lenin - GUM - Kreml - Mittagessen (Bunter Hahn) - Christ-Erlöser-Kathedrale - Arbat (Touristen-Shopping-Meile) - Stalingebäude (eine der Sieben Schwestern) - Edelsupermarkt "Alye Parusa" - Eis und Tee zu Hause

28.09.2011
Frühstück (zu Hause) - Suche nach Skulpturenpark - Sputnikpark - Denkmal "Arbeiter und Kolchosbäuerin" - WDNch (neues Messegelände) - Straßenmarkt - Park der sowjetischen Errungenschaften - Park "Ostankino" mit Schloss und Kapelle - Skulpturenparl - Nachtaufnahmen bei Christ-Erlöser-Kathedrale - Abendessen in Kellerkneipe - 24h Supermarkt

Im Skulpturenpark kann man z.T. alte Denkmäler sehen, die im heutigen Stadtbild von Moskau nicht mehr erwünscht sind oder Verwendung finden, so z.B. Stalin und ein CCCR-Symbol (heute zahlt man dafür Eintritt).

29.09.2011
Frühstück (zu Hause) - Lubjanka (ehemaliges KGB-Gebäude/Gefängnis) - Café - Souvenierkauf am roten Platz - Metro - Siegespark (Park Pobedy) - Moskow City - Laufen, Laufen, Laufen - Besichtigung Metro-Bahnhöfe (u.a. Majakovskaja) - All you can eat (Abendessen, Bunter Hahn)

30.09.2011
Frühstück (zu Hause) - Suche nach einen großen Supermarkt - Flughafen Domodedowo - Einkauf für Transsib - Metrofahrt mit geschenktem Ticket - Warten auf Transsib am Bahnhof

Bisher kam uns Russland riesig, kalt und nicht besonders freundlich vor. Die Kommunikation mit den Menschen hier ist schwierig. Es wird kaum Englisch oder Deutsch gesprochen und auch mit Hand und Fuß kommt man kaum weiter. Sucht man Hilfe, wenden sich die Menschen schnell ab und schauen einen kaum an. Man wird ignoriert und weggeschickt. Das Fehlen einer gemeinsamen Sprache scheint der Herzlichkeit gegenüber Gästen im Wege zu stehen. Wir werden das weiter beobachten... und hoffen auf Besseres.

Der erste Teil der Reise, noch zu dritt, ist vorbei, ab jetzt fahren wir zwei Holzklasse. Für Irkutsk, 5185 km entfernt, 5h Zeitunterschied, haben wir via Couchsurfing Unterkunft bekommen. Von dort, nach einer viertägige Fahrt, werden wir uns wieder melden.



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