12.10.2011 Wandern auf den Spuren des GBT: Unterschied zwischen den Versionen
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* Wenn man mit Benzinkocher unterwegs ist, sollte man rechtzeitig nach Tankstellen Ausschau halten (evtl. in Irkutsk). Letzte Möglichkeit auf dem Weg nach Listvianka ist im Ort Bol'shaya Rechka (Tankwärterin evtl. erst überreden). | * Wenn man mit Benzinkocher unterwegs ist, sollte man rechtzeitig nach Tankstellen Ausschau halten (evtl. in Irkutsk). Letzte Möglichkeit auf dem Weg nach Listvianka ist im Ort Bol'shaya Rechka (Tankwärterin evtl. erst überreden). | ||
* Trinkwasser aus dem Baikal haben wird vertragen. Je weiter weg von den Ortschaften, desto besser. | * Trinkwasser aus dem Baikal haben wird vertragen. Je weiter weg von den Ortschaften, desto besser. | ||
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Version vom 8. November 2011, 13:02 Uhr
Es ist Montag, der 10.10.2011, 23:40, und wiedermal warten wir auf einen Zug, der zu nachtschlafender Stunde, um 2:25, abfährt. Diesmal jedoch in Port Baikal, auf dem Weg nach Sljudjanka am südwestlichen Ende vom Baikal. Aber so richtig paradox wird das ganze erst, wenn man weiß, dass Port Baikal ein winziges Örtchen ohne Straßenanbindung ist und der Zug gerade mal aus einer Lok und einem Personenwaggon besteht und mitten in der Nacht, als einzige Landverbindung zur Außenwelt (manchmal sogar bis Irkutsk), für die Einwohner fungiert. Warum dies nachts geschehen muss ist nicht klar, die Einwohner nutzen den Zug jedoch rege (ohne zu schlafen), eventuell überwiegt für sie der Vorteil, dass sie am Morgen am Ziel ankommen (für ca. 70km braucht es sechs Stunden auf zerschundener Strecke, die einst aus Prestigegründen gebaut wurde und ihre besten Tage hinter sich hat), und dort den ganzen Tag haben. Die Fahrt kostet 55 RUB (ca. 1,50 EUR), und steht damit in keinem Verhaltnis zu anderen Verkehrsmitteln in der Gegend - wir freuen uns sehr wie die Einheimischen zu reisen, auch wenn Pablo die kleinen (oder ist der Rucksack zu groß?) Gepäckfächer in den Zügen gewaltig auf den Zeiger gehen.
Wir sind mit der letzten Fähre für 46 RUB / Person um 18:15 von Listvianka über den Angara (Abfluss des Baikals) hierher übergesetzt und sitzen seit dem in der Lobby eines schicken Hotels (eventuell ehemaliger Bahnhof) direkt am Gleis, auf dem schon der Zug bereits steht. Wenn wir den Preisaushang des Hotels richtig verstehen, kann man hier sogar Zimmer für bis zu 8 Stunden für 390 RUB mieten um die Wartezeit auf den Zug zu überbrücken. Aber ganz unserem Budget entsprechend haben wir das Angebot der netten Hotelangestellten angenommen und warten geduldig, als einzige, in der warmen Lobby in bequemen Ledersesseln. Nur W-Lan und eine Dusche und Fußmassage fehlen zum perfekten Glück.
Während der letzten drei Tage haben wir unsere erste Exkursion in die sibirische Natur rund um den Baikal gestartet. Mit unseren Rucksäcken und ausreichend Essen sind wir am ersten Tag von Listvianka aus erst durch Birkenwald und dann entlang der Steilküste gewandert. Dabei haben wir uns, so gut es ging an die Beschreibungen des Great Baikal Trails gehalten. Die dort aufgeführten Wegmarkierungen fehlen jedoch komplett, aber die Wegbeschreibung hat gereicht um ein Verlaufen zu verhindern. Was jedoch weniger zuverlässig war, ist die Beschreibung für den Weg am Steilhang. Dieser ist wirklich sehr schmal und teilweise schwer zu begehen und mit schweren / unseren Rucksäcken kaum zu machen. Die Variante, die es scheinbar dazu gibt, haben wir aus Unwissenheit leider nicht genutzt. Ausgerechnet an der brisantesten Stelle, blanker abfallender Fels, kam auch noch ein Russe mit zügigem Schritt und leichten Rucksack von hinten näher. Nach einem "what a beautiful day", kroch er im seitlichen Entengang unter unseren Rucksäcken an uns vorbei und war schnell aus den Augen. Mir stockte wirklich der Atem! Hätte einer von uns falsch gezuckt, wäre er sprichwörtlich über die Klippe gesprungen. Diesen Mann haben wir später an einer wesentlich entspannteren Stelle, einem Strand, wiedergetroffen und konnten sogar den üblichen Small Talk (woher, wohin) in English absolvieren. Da er scheinbar komplett ohne Ortskenntnisse und Wanderkarte unterwegs war, fotografierter er unsere Karte ab und ging dann ein kurzes Stück mit uns. Bei einem dritten Treffen dann, gab er uns als Dank für das Foto der Karte einen Apfel und sein Sitzkissen, was die russischen Soldaten und Wandere wohl ständig mit einem Gummizug um die Hüfte am Hintern tragen. Sprich, wie die Bäuerin mit ihrem Melkschemel am Hintern, ist man damit immer in der Lage sich überall ohne Rücksicht auf den Untergrund niederzulassen. Inzwischen hat auch mir das Kissen bereits einige warme Sitzstunden bereitet...
Mit dem Wetter an den drei Tagen hatten wir sehr viel Glück. Es schien immer die Sonne und das Thermometer erreichte sogar Spitzenwerte von fast 13 Grad am Tag, so dass wir sogar am zweiten Tag einen kurzen Sprung in den Baikal wagten, was unter den Russen anscheinend zu dieser Jahreszeit noch gern zelebriert wird. Das Wasser ist schon echt richtig kalt und mehr als bis knapp über die Knie kam ich nicht rein. Am nächsten Morgen war unser Zelt dann tatsächlich mit einer feinen Eisschicht überzogen und es wir hatten nur 3 Grad im Zelt. Überhaupt war die Nacht richtig unruhig, wenn auch nicht wegen der Kälte. Wir haben auf einem wilden Camping-Platz gezeltet, der nicht weit von einer kleinen Hütte und einem Anleger gelegen ist. Den ganzen Nachmittag war es recht ruhig dort gewesen, aber Nachts ging es dann plötzlich hoch her. Gegen 22:30 musste ich noch mal kurz aus dem Zelt und scheinbar plötzlich lag am klapprigen Anleger ein großes Schiff mit vielen Scheinwerfern und Autos fuhren in den Wald. Alles sehr seltsam, da von der Stelle keine vernünftige Straße wegführt und die nächstgelegenen Orte alle eigene richtig befestigte Anleger haben. Damit nicht genug Störung der Nachtruhe, denn am sehr frühen Morgen krabbelte dann eine Maus um unser Zelt und durch die Vorzelte herum und versuchte sich an den dort gelagerten Essensbeuteln (am Käse, wie sollte es anders sein, waren deutliche Nagespuren). Am nächsten Morgen sahen wir dann auch, dass wir mit einem Vorzelt genau auf einem Mäuseloch standen und anstatt uns das Verhindern von Bodenfrost an der Stelle zu danken, brachte uns die Maus um den Schlaf. Mit der neugierigen Maus kam auch wieder ein bisschen die Angst vor Bären und mit der Nachtruhe war es so gut wie vorbei. Während Pablo nicht mehr schlafen konnte, träumte ich von angreifenden Bären. Das nächste Mal kommt das Essen an einem Seil auf einen Baum (was in dieser Gegend laut Zusicherung aus mehreren Quellen jedoch nicht explizit notwenig ist, da die Bären hier vertrieben sind).
Während wir vorher auf eine nur sehr geringe Anzahl von englisch sprechenden Russen getroffen waren, waren die drei Tage dagegen wirklich überraschend. Alle Russen, die wir trafen, sprachen englisch und waren um einen Austausch sehr bemüht - wir wurden aktiv angesprochen und fanden die Stimmung mit den Mitmenschen als deutlich angenehmer als bisher in Russland.
Da uns, nach einem der geplanten vier Tage Marsch Richtung Norden, klar wurde, dass wir uns nur weiter von unserem nächsten Reiseziel (Ulan Ude) entfernen und am Ende der Tour ledeglich ein Verkehrsmittel zur Verfügung steht, ein Bus nach Irkutsk, wo wir nicht wieder hin wollten, entschlossen wir uns zu einer indirekten Rückkehr zum Ausgangsort Listvianka - aus der geplanten 4-Tage-Tour wurden drei entspannte Tage (die Entscheidung wurde auch dadurch begünstigt, dass schlechtes Wetter angekündigt wurde, welches dann glücklicherweise nicht kam).
Am Montag, 10.10.2011, waren wir also wieder wohlbehalten in Listvianka, nachdem wir drei wunderschöne Tage am herbstlichen Baikal verbracht haben. Wir werden wohl wiederkommen, irgendwann, und den Baikal - mit frischem Visum - genauer erkunden. Besonders die im Norden gelegene Insel Olchon wurde uns von vielen sehr ans Herz gelegt (Reisezeit Juli und August), und auch dem GBT wollen wir mehr Zeit widmen; diese braucht man wohl einfach, hier draußen in den Weiten Russlands.
PS: Geschrieben auf dem Bahnhof von Port Baikal, wo es kein Internet gab/gibt. Informationen zu unserer Reise nach dem 10.10.2011 im nächsten Artikel.
Fakten
- Die Markierung des Weges war zu unserem Zeitpunkt der Wanderung nicht vorhanden, der Weg jedoch immer als solcher zu erkennen. Der Abzweig aus dem Ort ist die Kreuzung der Uferstraße mit der Gudina Straße, dieser folgt man und hält sich am ersten Nationalparkschild links.
- Eine durchaus interessante Variante, und wenn nur ein paar Tage Zeit sind, ist das Fahren mit der Fähre von Listvianka nach Bolschoi Koti für 250 RUB / Person (von anderen berichtet) und das zurückwandern entlang der Steilküste.
- Gefährliche Passagen an der Steilküste sind durch kleine Hinweisschilder markiert und Ausweichwege (immer nach oben) vorhanden. Bei schweren Rucksäcken sind diese rückblickend absolut zu empfehlen.
- Um den Abschnitt als Rundwanderweg zu begehen kann man ca 45 Minuten nach Bolschoi Koti (Richtung Listvianka) dem Reitweg durch Landesinnere folgen (sprich, eine Richtung an der Küste und eine durch den Wald - mit einem steilen Anstieg).
- Entlang des Weges an der Steilküste gibt es immer wieder regelmäßig Zeltmöglichkeiten.
- Proviant für die Tour kann in Listvianka in kleinen Einkaufsläden gekauft werden. Auch in Bolschoi Koti gibt es einen kleinen Laden (einfach klopfen).
- Kartenmaterial (Auflösung bestenfalls 1:200 000) sollte in Irkutsk gekauft werden (Buchladen mit Logo wie Varieté-Theater).
- Wenn man mit Benzinkocher unterwegs ist, sollte man rechtzeitig nach Tankstellen Ausschau halten (evtl. in Irkutsk). Letzte Möglichkeit auf dem Weg nach Listvianka ist im Ort Bol'shaya Rechka (Tankwärterin evtl. erst überreden).
- Trinkwasser aus dem Baikal haben wird vertragen. Je weiter weg von den Ortschaften, desto besser.
Karte