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Version vom 20. Juli 2012, 09:26 Uhr
Unfreundliche Busfahrer - Zelten bei -20Grad - Menschenknochen auf der Müllhalde - britisches Flair an unerwarteter Stelle
Leider endete die Busfahrt nach Tsetserleg nicht so erfreulich. Nicht nur waren wir mit der ruppigen Verladung unserer Rucksäcke und den darauf getürmten Habseligkeiten der andere Reisenden sehr unglücklich; beim Ausstieg aus dem Minibus kam es zu Missverständnissen um die Bezahlung. Wir sind davon ausgegangen, dass die Fahrt 10’000 MNT pro Person plus ca. 2’000 MNT für das Gepäck kosten wird, wie uns auch das mongolische Mädchen aus Charchorin in den Sand geschrieben hat. Jedoch hielt uns plötzlich der Fahrer sein Handy entgegen, auf dem 45’000 MNT stand und dann nach unserem Widerspruch noch immer 35’000 MNT. Da wir nicht bereit waren diesen Preis zu zahlen (schließlich hat die viermal so lange Fahrt von Ulan Bator nach Charchorin nur 30’000 MNT für uns beide zusammen gekostet), schloss der Fahrer die Tür des Minibusses von innen und war auch mit einmal von vier anderen Männern umgeben, die uns allesamt den Zugang zu unseren Rucksäcken und dem Ausgang versperrten. Dazu kam noch die seltsame Amerikanerin, die es sich mit hochgelegten Beinen bequem gemacht hatte und immer wieder bemerkte, dass das alles daran liege, dass die Mongolen dem Englischen nicht mächtig seien. Anstatt sich endlich zu bewegen und uns den Ausgang von der letzten Sitzreihe freizugeben, blieb sie sitzen und bemühte sich kaum der Situation etwas Beschwichtigendes beizutragen. Auch die Erklärung, dass wir beide nicht für die Amerikanerin mitzahlen, wollte beim Fahrer nicht fruchten. Erst als diese ihr eigenes Geld zückte, und Pablo zu den schon bereits gegeben 20’000 MNT nochmal 4’000 MNT nachreichte (alles was die Hosentasche abgezählt hergab), gaben die Mongolen die Tür frei und wir konnten mit unseren Rucksäcken aussteigen. Unterm Strich hatten wir nun also 12’000 MNT pro Person mit Gepäck bezahlt, was uns immer noch zu teuer erscheint im Vergleich zu anderen schon gefahrenen Strecken - Minibusse: nie wieder!?
Gleich nach dem Aussteigen, sagten wir der Amerikanerin, dass wir nun unseren eigenen Weg gehen werden, da sich unsere Reisearten nicht wirklich vereinbaren lassen und wir nur mehr Unannehmlichkeiten durch sie hatten, als produktives Miteinander. Als erstes starteten wir in Richtung der unerwartet deutlich gekennzeichneten, schon aus dem Bus sichtbaren, Touristeninformation in der Hoffnung, dort ein paar Informationen über den Ort und mögliche Zeltplätze zu bekommen. Doch vergeblich, sie hatte geschlossen; ein Schild mit Öffnungszeiten war nicht zu erkennen. Überhaupt wirkte Tsetserleg auf uns nicht wirklich touristenfreundlich. Die Menschen starrten uns nahezu entgeistert an und die noch frische Erinnerung an den Minibusfahrer, ließen uns nicht wirklich warm werden mit dem Ort. Wir beschlossen außerhalb der Sichtweite zu zelten und dann am nächsten Tag einer GPS Route zu folgen, die wir im Internet gefunden hatten. Nach guten 30 Minuten bauten wir unser Zelt auf einem windigen Hügel auf und verspeisten die zuvor noch eingekauften Fertignudeln mit einer kostbaren Dose Erbsen.
Am nächsten Tag gingen wir dann auf dem Kamm einer Hügelkette mit teilweise Blick auf Tsetserleg dem GPS Track entgegen. Wieder hatten wir kein ausreichend detailliertes Kartenmaterial, so dass wir natürlich prompt in eine Sackgasse gelangten und ein Seitenausläufer des Tamirs uns den Weg versperrte. Ganz gletscherflussislanderprobt sind wir raus aus den Schuhen, Hose hoch und durch durch den Fluss. De facto nur um die vier Grad, waren es zum Glück in der Sonne (es gibt nicht viel Schatten in der Mongolei) lauschige 15 Grad, so dass die ganze Aktion schon fast als Erfrischung gewertet werden konnte. Danach ging es gemütlich westwärts im Tal lang, vorbei an Herden, und immer wieder ein paar Felswänden. Um endlich wirklich auf den Track zu stoßen und nicht wieder durch den Fluss zu müssen, folgte ein kleiner Aufstieg, bei dem wir einen redseligen Mongolen trafen, der uns wortreich auf mongolisch die verschiedenen Orte der Umgebung aufzählte. Faszinierend fand ich jedoch das zigarettenähnliche Etwas in seinem Mundwinkel, was sehr stark roch und aus Zeitungspapier gewickelt war. Am späten Nachmittag entschieden wir uns unser Zelt nahe eines Flusses, sichtverdeckt von einer Schotterpiste, inmitten einer Kuh- und Pferdemist überdeckten Wiese aufzuschlagen und genossen die letzten Sonnenstrahlen. In der Sonne ließ es sich gut aushalten, aber sobald diese weg war, wurde es - wie wir es von hier bereits gewohnt waren - sofort ungemütlich kalt und der Wind frischte deutlich auf: kontinentales Klima wie es im Buche steht. Aber, laut hörensagen, kann man ja dem umliegenden Mist durchaus etwas abgewinnen und ein Feuer damit in Gang halten (anders tun es die Mongolen in der Gobi wohl auch nicht). Und tatsächlich brannte, nach kurzer Zeit und dank eines kleinen Schluckes Benzin ein ganz beachtliches Feuerchen auf Dungbasis. Leider hielt uns dieses nur von vorne warm, so dass wir doch beizeiten wieder in die Schlafsäcke krochen. Schon abends um 8Uhr hatten wir knackige -15Grad draußen und am nächsten Morgen waren die Schlafsäcke von außen dank unseren Atems überfroren.
Leider war diese Nacht nicht so ruhig wie die vorangegangen. Das knackende Eis des Flusses und die ungewohnten Geräusche der Pferde, ließen, mal wieder, die Angst vor Bären erwachen. Eigenlich eine, in Anbetracht des doch recht bewohnten Tales und des nahen Ortes, unbegründete Angst. Am nächsten Morgen, als wir noch im Zelt auf die Sonne warteten, hörten wir ein Motorrad auf unser Zelt zukommen und kurz darauf schaute tatsächlich ein Mongole neugierig durch einen der Eingänge in unser Zelt. Aber, die Überraschung war auch auf unserer Seite, da Pablo durch den zweiten Eingang schnell aus dem Zelt kroch, was den Mongolen sichtlich verblüffte. Jaja, Jurten haben nur einen Eingang, sind aber auch wärmer des nächtens, was uns unser morgendlicher Besuch mit Hand und Fuß bestätigte. Einen Keks nahm er an, bewunderte auch unseren Benzinkocher. Doch als wir wieder unser Dungfeuer mit Hilfe von Benzin entfachten, machte er sich (leicht befremdet?) auf den Weg zu seiner Herde. Nach dem Frühstück ließen wir unser Zelt zurück und machten uns auf die Suche nach den Grundrissen einer mittelalterlicher Festung und Friedhöfen, die auf dem GPS Track vermerkt waren. Gesucht, gefunden. Während der Grundriss der Festung nur aus der Ferne in seiner Gänze zu sehen war, bestaunten wir die Gräber des Friedhofes von nahen. Mitten drin bearbeitete eine Gruppe Männer abwechselnd die gefrorene Erde mit Hacke und Beil(!) um ein neues Grab auszuheben. Die Gräber sind alle mit einer Betonplatte abgedeckt und scheinbar nicht wirklich tief. Teilweise waren die Platten jedoch nicht mehr intakt und tatsächlich fanden wir menschliche Knochen im näheren Umkreis, was schon ein bisschen gruselig ist. Interessant auch, dass es viele Gräber mit doch recht jungen Menschen gab. Scheinbar gibt es eine erhöhte Todesrate bei 30 bis 40 jährigen. Eigentlich fast auch kein Wunder. Die Mongolen rasen bis zu viert auf einem Motorrad durch die Steppe ohne jeglichen Schutz und die vielen leeren Vodkaflaschen, die man wirklich überall findet, sprechen auch für sich. Leider waren auch wieder in der unmittelbaren Nähe des Friedhofens etliche Müllhaufen zu finden, was die Situation für uns etwas makaber machte. Jede noch so kleine Senke wird für das Abladen von Müll genutzt, ganz nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn. Leider sind wir bisher noch ohne Antwort auf die Frage, wie die Mongolen selbst diese Müllplätze empfinden. Bis vor Kurzem war ihr produzierter Müll (überwiegend biologischen Ursprungs) tatsächlich noch ökologisch abbaubar. Nur funktioniert das nun nicht mehr mit den Plastikverpackungen und Glasflaschen.
Am Nachmittag zogen wir dann wieder mit Sack und Pack, nach sonnenreicher Kurzwanderung, in Tsetserleg ein und begaben uns auf die Suche nach einer Unterkunft, sowie der Information, wann ein Bus zurück nach Ulan Bator fährt. Beides fanden wir in dem sehr englischen Gasthaus ‘‘Fairfield‘‘, gleich gegenüber des Busbahnhofes. Erschreckend jedoch der Preis für das Zimmer. Während man selbst in Ulan Bator rund 18 USD für ein Doppelzimmer zahlt, wurden hier 37 USD fällig. Der Lonely Planet weist für Tsetserleg das Hotel Zamir an der westlichen Ausfallstraße des Ortes aus - 6 USD soll ein Zimmer kosten. Diese Information lässt sich nicht bestätigen. Auch hier wurden uns 35‘000 MNT für ein Doppelzimmer angeboten, also der gleiche Preis wie im ‘‘Fairfield‘‘ - dies jedoch bei einem “Charme” des Etablissements, der uns, ohne das Zimmer selbst gesehen zu haben, abwinken lies. Scheinbar gilt, je kleiner der Ort, desto teurer das Zimmer und das, obwohl man Tsetserleg nicht wirklich als eine Touristenattraktion bezeichen kann. Da jedoch der Bus am nächsten Morgen bereits um 8 Uhr fuhr, nahmen wir das Zimmer und bereiteten, trotz Verbot, unser Abendessen auf dem Zimmer zu. Das Einzige was im ‘‘Fairfield‘‘ also zur Note 1 fehlt, ist eine Gemeinschafsküche. Zum Glück bekamen wir noch abends ein Ticket für den Bus, was uns sehr erleichterte, da wir auf keinen Fall einen Minibus nehmen, sondern auf der sicheren Seite des öffentlichen Verkehrssystems bleiben wollten. Nach einem leckeren Frühstück (im Preis enthalten, nicht aber der Kaffee), traten wir wir dann die 8-stündige Fahrt nach Ulan Bator an und fragten uns, ob die Amerikanerin wohl je ihre 180km schönste Mongoleistrecke gefunden hat.
PS: Unser Topf stinkt, auch nach etlichen Reinigungsdurchgängen, noch immer ganz erbärmlich nach dem Dungfeuer. Also, Töpfe niemals direkt auf Feuer stellen!
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Fakten
- Busfahrt von Tsetserleg nach Ulan Bator kostet 20’000 MNT. Der Bus fährt morgens um 8 Uhr vom Busbahnhof ab. Im Gegensatz zur Gegenrichtung wurde keine Gebühr für die Gepäckverladung fällig.
- Übernachten kann man sehr gut im Fairfield Guesthouse.