10.08.2012 Einreise Indonesien - Rache der Planlosigkeit

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Ohne Visum an die Grenze bei Tawau - 30 Minuten kosten eine Woche - Grüne Nudeln in indonesischer Exklave - Taxifahrt in die Geschichte

Unsere Reise durch Ost-Kalimantan verlief so chaotisch, wie sie ungeplant war. Nach unseren Erfahrungen im malaiischen Teil, hatten wir eingesehen, dass Borneo nicht das Reiseziel für Leute mit unserem Reisestil und Budget ist. Zwar gibt es zahlreiche berühmte Destinationen, jedoch sind diese häufig nur mit überorganisierten und kostenintensiven Touren zu erreichen. Für Individualtourismus bietet die dünne Infrastruktur kaum Möglichkeiten, auch weil sie offenbar gezielt ausgedünnt wurde/wird (Stichwort Bootsverkehr nach Mulu) um dem höheren Preissegment auf die Sprünge zu helfen. Fakten, die uns dazu brachten, von der erstmöglichen Stadt auf indonesischer Seite die Überfahrt mit dem umwöchigen Schiff zur Insel Sulawesi anzustreben.

Nachdem wir am frühen Morgen gegen sechs Uhr mit dem Schlafbus aus Kota Kinabalu, zusammen mit vielen anderen Reisenden, meist junge indonesische Männer auf dem Weg in ihre Heimat, in Tawau, der südlichsten Stadt in Sabah, angekommen waren, sollte sich schnell ein Fehler in unseren Vorbereitungen zeigen. Touristen erhalten in Indonesien für gewöhnlich ein Visa bei Ankunft, welches dann für 60 Tage gilt. Dies ist überall der Fall, außer an einer Handvoll Seehäfen, einer davon ausgerechnet Nunukan, der Zielhafen unserer Fähre aus Tawau - ein Passus den wir übersehen hatten. Und so trödelten wir gemütlich durch die noch ruhige Stadt von der Bushaltestelle zum Fähranleger, kämpften dort um faire Fahrplan- und Preisinformationen (Preise waren innerhalb eines Jahres verdoppelt), frühstückten und brachten dann noch ein Päckchen zur Post. Erst als wir dann kurz vor Abfahrt der Fähre um neun Uhr die Tickets kaufen wollten und die Verkäufer jedoch auf indonesische Visa in unseren Pässen bestanden, ließen wir uns die Lage vom malaiischen Grenzbeamten bestätigen bevor wir uns unseren Fehler eingestanden. Folglich mussten wir, um ein Visum vor Anreise zu beantragen, einen Besuch im indonesischen Konsulat in Tawau einlegen. Unsicher über die Warte- und Bearbeitungszeiten suchten wir uns erst ein Hotelzimmer bevor wir ein Taxi zum Konsulat nahmen. Da wir ein Visum für drei Monate beantragten, mussten wir die Bestätigung unsere Flüge aus Jakarta (konnten wir am Rechner der Bearbeiterin ausdrucken) und dazu eine nicht unwesentliche Geldsumme vorlegen, die wir natürlich nicht mehr einstecken hatten (wollten wir doch das Land am morgen bereits verlassen haben). Sobald wir mit dem Geld wieder da waren, wurde unserem Antrag innerhalb von dreißig Minuten fertig. Dreißig Minuten! Doch durch das ganze Hin und Her, erst bei der Fähre, dann mit der Hotelsuche, hat es uns unterm Strich einen ganzen Tag gekostet (Boote nach Indonesien fuhren nur morgens). Das alles sorgte dafür, dass wir erst das Boot nach Indonesien (Nunukan), dann in die nächst größere Stadt (Tarakan) und damit an zwei Häfen das so selten fahrende Schiff nach Sulawesi verpassten. Rückblickend muss man sagen, dass, mit der unkomplizierten und zügigen Abwicklung der Visa-Vergabe, wir die Fähre von Tawau nach Nunukan auch noch an unserem Anreisetag geschafft hätten, und damit auch das große Schiff noch erreichen, hätten wir alle Informationen gehabt. So waren wir jedoch weiterhin in Ost-Kalimantan, das nächste Boot entweder 14 Tage, oder 400 km die Küste hinab (nächster großer Hafen Balikpapan), entfernt. Wir waren gewarnt: Indonesien will geplant sein.

Den Tag Zwangsstopp in Tawau verbrachten wir also mit der Beantragung des Visums und durch die Gegend streunen auf der Suche nach einem freien Internet. Ansonsten hat der Ort wenig zu bieten, was man nicht überall in Malaysia findet. Lediglich die Küche bietet, bedingt durch die mehrheitlich indonesische Bevölkerung, andere Gerichte und Zubereitungsarten.

Am nächten Morgen ging die Ausreise aus Malaysia zügig (die Ticketverkäufer kannten uns und unser Misstrauen bereits) jedoch ein bisschen viehtriebartig durch vergitterte Gänge und geschoben von Unmengen von Menschen mit riesigen unförmigen Gepäckstücken. Die Einreisekontrolle in Indonesien war rustikal und schikanös (Taschenmesser vorzeigen) aber harmlos. In Nunukan fuhr uns die Fähre nach Tarakan vor der Nase weg - ausgebucht wurde uns versichert, obgleich wir bereits (fragwürdige) Tickets bei einem fliegenden Händler im vorherigen Boot erworben hatten. Zum Glück war der greifbar und erstattete uns nach etwas Überzeugungsarbeit den überteuerten Preis, wertvolle 150 malayische Ringgit (37€), zurück. Im unscheinbaren und etwas trostlosen Nunukan fanden wir ein überraschend schickes Zimmer mit Frühstücksservice bis fast ans Bett, jedoch kein Büro in dem wir verlässliche Informationen zur Überfahrt nach Sulawesi bekamen. Es war ganz offensichtlich vorbei mit den, für uns bequemen, Englischkenntnissen und auch sonst schien es nicht viel Organisation zu geben. Immerhin bekamen wir ein Ticket, Ramadan sorgte für gute Auslastung, für die Weiterfahrt nach Tarakan, die nächstgrößere Stadt im Süden. Den Nachmittag schlugen wir mit einem ersten Nasi Goreng (gebratenem Reis) und Nasi Soto Ayam (Reis und geschmackvolle und reichhaltige Hühnersuppe) sowie Flanieren auf der Hafenstraße tot, begleitet vom unermüdlichen Hello Mister!, ein Ruf, den wir noch begeistert beantworteten. In der Nacht gab es dann unüberhörbar und zermürbend die Erinnerung, dass wir erneut in einem muslimischen Land waren. Ab Vier Uhr bis Sonnenaufgang schalte aus den Lautsprechern extrem laute und altmodische Musik, die schlafen für uns fast unmöglich machte und sicher auch nicht wirklich unterhaltsam für die mampfenden Gläubigen war (es war noch immer Ramadan).

Tarakan erreichten wir am nächsten Nachmittag. Nach kurzer Recherche stand fest, dass es kein anderes Linienboot nach Sulawesi gab als das, welches wir um einen Tag verpasst hatten, und somit stellten sich zwei Optionen: 14 Tage vor Ort in Tarakan verharren, oder die Küste hinab in die nächste große Stadt, Balikpapan, um dort ein Schiff in sechs Tagen zu erwischen. Die Antwort lag auf der Hand. Zwar gibt es in Tarakan etwas Geschichte zu entdecken, aber zwei Wochen stehen außer Frage.

Genauer gesagt hat bei uns ein einzelner Vormittag gereicht; der aber war ausgefüllt und ungewöhnlich. Einziges für uns touristisch interessantes Ziel schien eine Besichtigung der Vermächtnisse des 2. Weltkrieges. Lange hielten die Japaner Tarakan besetzt und erst ab Mai 1945 wurde die strategisch wichtige Insel und die Umgebung von den Australiern in blutigen Kämpfen erorbert, Denkmäler sollen daran erinnern. Mangels Geokoordinaten und Stadtplan taten wir etwas für uns untypisches und fragten Taxifahrer. Schnell war klar, dass keiner Englisch sprach und auch unsere indonesischen Bezeichnungen (Kuburan Australia/Jepang) wollten ihnen nichts sagen. Am Ende hatte einer doch noch eine Idee, und da die finanzielle Abzocke zwar abzusehen, aber für europäische Verhälnisse als überschaubar einzuschätzen war, setzten wir uns in den klapprigen Mikro (ein Minibus) und unsere Taxifahrt in die Vergangenheit begann. Zahlreiche Passanten wurden in alle Richtungen interviewt, bevor wir, erst durch enge Straßen, dann zu Fuß über Hinterhöfe geführt vor einem verschlossenen rostigen Tor landeten. Hier war offenbar schon länger keiner mehr vorbeigekommen. Doch nach wenigen Minuten war diensteifrig ein Verantwortlicher mit Schlüssel aufgetrieben und wir wurden wie wichtige Gäste die Treppen hinaufgeführt. Auf der markanten Höhe, heute in einem Wohngebiet, fanden sich einige Gräber, ein Gedenkstein und eine (indonesische) Tafel, die den Platz als ehemalige japanische Stellung und Gedenkstätte auswies. Der Taxifahrer begann ebenfalls Bilder mit seinem Telefon zu machen und uns begann zu schwanen, dass eventuell die Tragweite unseres Besuches überschätzt wird. Die neugierigen Anwohner gaben unserem Fahrer unser nächstes Ziel mit auf den Weg und weiter ging die Tour. Kurz darauf hielten wir an einer kleinen Wellblechhalle, die alle Eigenschaften eines Musuem aufwies: Schaukästen, Exponate, Erklärungstafeln. Einzig, sie war abgeschlossen und wir schlichen um das Gebäude um durch die Gitter ein paar Blick ins Innere zu erhaschen - immerhin, es hat sich hier jemand Mühe gemacht. Warum an einem Donnerstag um 11 Uhr geschlossen war, und ob es überhaupt noch Öffnungszeiten gibt, blieb leider ungeklärt. Offenbar aber war jetzt der Knoten geplatzt und der Fahrer hatte verstanden, worum es ging. Wir versuchten noch einmal zu fragen und mit abermaliger Hilfe von Passanten landeten wir bald zwischen Kasernen und Brachflächen. Weder uns noch dem Taxifahrer war klar, wo der australische Friedhof denn nun sein sollte, und so fragte Pablo eine Wache, die wie selbstverständlich auf das Kasernentor zeigte... weiß man doch. Der Wagen wurde abgestellt und wir sprachen beim Wachhäuschen vor. Etwas eingeschüchtert aber frohen Mutes (klingt komisch, aber in dieser Beziehung genießt man als Langnase hier Narrenfreiheit) betraten wir das Gelände, wurden von ernst dreinblickenden Soldaten begrüßt und aufgefordert Platz zunehmen. Ein großes Buch wurde aufgeschlagen, in dass wir uns als Gäste eintragen sollten. Nochmals trugen wir unser Anliegen, den australischen Friedhof vor, und endlich hellten die Minen etwas auf. Der Fahrer blieb draußen, uns wurde ein leidlich englisch sprechender Soldat beigeordnet, der uns in den Hof führte, uns das Denkmal zeigte und erklärte, dass inzwischen alle Gräber in die australische Heimat überführt wurden (evtl. im September 2007) - heute findet sich an der Stelle ein Volleyballplatz. Wie üblich bestand der Indonesier auf einem gemeinsamen Foto, wir bekamen auch eins. Inzwischen hatten sich am Ausgang die Obersten eingefunden um uns per Handschlag zu verabschieden. Unser Taxifahrer wurde immer kleiner, und bekam von den Soldaten auch gleich gesteckt, wohin er uns als nächstes fahren soll. Quer durch die Stadt und vorbei an einer Halde voller müllsammelnder Familien fuhr er uns noch zu einem Freilichtmuseum mit zahlreichen kunstvoll rekonstruierten Holzhäuser aus der Region, schick aber irgendwie fehlinvestiert bedenkt man die Lage. Anschließend war es Zeit in die Stadt zurückzukehren. Gute zwei Stunden waren wir mit dem Fahrer unterwegs gewesen und wir waren unsicher, was uns das kosten sollte. Doch anscheinend war der gute Mann inzwischen ebenfalls überrascht, was für eine Tour es gewesen war, dass er keinen Preis nennen wollte oder konnte. Wir gaben ihm 50'000 Rupien (ca. 4€ oder auch 40 gute Hähnchenspieße) und er widersprach nicht.

Somit hatten wir mit Tarakan innerhalb von einer Nacht und eines Vormittags abgeschlossen, wobei man noch erwähnen sollte, dass das Hotel einen erschreckenden Ausblick auf die kommende Zeit gab. Nach Malaysia war die Zimmerqualität schrecklich abgestürzt, der Preis jedoch gestiegen und die Schaben waren so groß, wie nie zu vor. Auf der Suche nach Schönerem fuhren wir noch am gleichen Tag mit einem kleinen Linienschnellboot weiter aufs Festland nach Tanjung Selor. Von dort sollte es laut Lonely Planet Busse in den Süden nach Samarinda und Balikpapan geben. Angaben aus dem Lonely Planet und ganz normale, auf Erfahrungen basierende Annahmen und Erwartungen, schienen jedoch nicht mehr auf Ost-Kalimantan anwendbar zu sein. Was uns dort erwartete, stellte uns und unsere Bandscheiben auf die härteste Geduldsprobe in unseren bisherigen elf Monaten Asienreise.

Weblinks

Fakten

Tawau

  • kein Visa-on-Arrival (VOA) auf dem Weg nach Nunukan, Indonesien
  • täglich Fähren nach Nunukan für vergleichsweise teure 65RM, unkomplizierte Zollformalitäten an beiden Häfen
  • Fähren nach Tarakan nur aller 2 Tage, da das indonesische Boot außer Betrieb (August 2012), für 140RM

Indonesisches Konsulat Tawau

  • super-freundliches und hilfreiches Personal
  • im Ortsteil Sin Onn (den Leuten ein Begriff)
  • Buslinie 4 vom Zentrum für 1RM
  • 10RM per Taxi vom Zentrum
  • früh kommen und nett fragen und man bekommt das Visum noch am gleichen Tag und schafft die Fähre

Nunukan

  • Hotel Melati Indah bietet gute (AC, Sat-TV) und vergleichsweise günstige Zimmer für 120kRp inkl. Frühstück - dafür direkt neben der Moschee (kräftige Beschallung)
  • Fähren nach Tarakan täglich mehrmals (3-4x) für 180kRp p.P.

Tarakan

  • Fähren nach Tanjung Selor täglich oft (16x?) für 80kRp p.P.
  • Hotel Bahagia, mit 90'000Rp das billigste in der Stadt, aber schlechtes Preis-Leistungsverhältnis



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