15.10.2012 Wanderung Jiri - Namche

Aus RTW

Bus statt Flugzeug - langer Anmarsch zur Trekking-Hauptstadt - ein ewiges Auf und Ab

Mit unserer Wanderung zum Everest Basislager ging ein lang gehegter Traum endlich in Erfüllung. Wir berichten von der Wanderung in drei Einträgen. In diesem Artikel schreiben wir über unseren alternativen Einstieg für die Touristen-Autobahn ab Lukla - eine schöne, siebentägige Wanderung durch das ländliche Nepal.

07.10. Kathmandu - Jiri - Shivalaya

8402277648_bb274b1786_m.jpg Nach nur knapp fünf Stunden Schlaf klingelte bereits um 4:30 der Wecker. Unserer Wanderung durch die wunderbare Welt des Himalaya sollte an diesem Tag endlich beginnen - ein Traum wurde wahr. Nach einem kleinen Frühstück, vom Nachtwächter zubereitet, stapften wir ziemlich müde, aber mit einer gewissen Aufregung, durch die nächtlich-ruhigen Straßen des sonst so turbulenten Thamel zum Busbahnhof. Auf eine Taxifahrt hatten wir verzichtet, wir hatten einfach keine Lust auf die zeitraubenden und enttäuschenden Verhandlungen.

Wir waren pünktlich am Busbahnhof, unsere Tickets waren gültig und unsere Rucksäcke schnell im Bus verstaut. Um 6:15 rollte unser Bus langsam aus Kathmandu, mit an Bord waren noch einige andere Wanderer mit der gleichen Idee wie wir sie hatten, jedoch hatte eine Gruppe einen Guide und einer wusste noch gar nicht, ob er überhaupt Jiri verlassen wollte ("erstmal sehen" sagte er im modischen Wollpullover).

In Jiri, der letzten Busstation, kamen wir gegen 15:00 an. Kurz vor Ortseingang müssen sich alle Ausländer bei der Polizei registrieren, d.h. kurz aussteigen und persönliche Daten in ein dickes Papierbuch eintragen. In Jiri gibt es einige Unterkünfte und Lädchen, wenn man also die Annehmlichkeiten der Zivilisation ein letztes Mal genießen möchte, wäre das die Möglichkeit dafür. Wir wollten jedoch gleich weiter und so zuppelten wir noch einmal ein bisschen nervös an unseren Rucksäcken und Schnürsenkeln, bedachten die Auslagen der kleinen Shops mit einem kurzen "bis bald" und schulterten unsere Rucksäcke. Wir beobachteten kurz, wohin die anderen mit ihrem Guide gingen, verglichen mit dem GPS, und folgten dann unauffällig. Das Abenteuer konnte beginnen!

8402286138_669902fe33_m.jpg Auf einer Art Forstweg, auf dem manchmal auch der Bus bis nach Shivalaya fährt, geht es aus Jiri raus. Bald kommt jedoch ein, etwas unscheinbarer Abzweig, steil bergan, mit dem einige Kurven der Straße abschneiden kann. Nachdem man gut an Höhe gewonnen hat, kommt man wieder auf die Straße, der man dann bis zum höchsten Punkt der ersten Halbtagesetappen folgen kann. Wir kamen nach gut einer Stunde und dreißig Minuten (16:45) am ersten kleinen Pass mit Funkturm (2343m) an. Von dort geht es erst auf einem kleinen Weg durch Wald, dann wieder kurz auf der Straße, bergab. Beinahe hatten wir den Abzweig nach Shivalaya verpasst (Wegmakierungen hatten wir keine gesehen), aber Anwohner brachten uns wieder auf die richtige Spur. Schnell wurde uns dann klar, dass wir Shivalaya nicht mehr im Hellen erreichen würden und so rannten wir im Wettlauf mit der Nacht den schmalen Weg bergab unserem ersten Etappenziel entgegen.

Wir erreichten den Ort, mit Stirnlampen bewaffnet, gegen 18:30. Gleich an der ersten Unterkunft hinter der Brücke fragten wir nach einem Zeltplatz. Wir bekamen ein kostenfreien Platz hinterm Haus im Garten, für den wir im Gegenzug Abendbrot und Frühstück bei den Gastwirten aßen - noch waren wir ja nicht hoch, sagten wir uns, und sollten unsere Vorräte schonen. Obwohl der erste Tag so kurz gewesen war, hatten die schweren Rucksäcke ihren Tribut eingefordert. Ziemlich fertig krochen wir früh in die Schlafsäcke.

08.10. Shivalaya - Gorunda

8401226437_d817515dd5_m.jpg Gegen 9:00 hatten wir gefrühstückt und unser Zelt zusammengepackt - der erste Vollzeit-Wandertag konnte beginnen. Mit Shivalaya verließen wir entgültig das Gebiet mit Straßenabdeckung. Am Morgen hatten wir noch LKW beobachtet, die Waren zu den Gasthäusern brachten, nachdem die Straße am Vorabend wohl endlich von einer Schlammlawine befreit worden war und der Ort seine Holperpiste wieder hatte, auf der uns sonst auch der Bus hätte her bringen können. Ab nun an aber ging es wirklich nur noch auf den Rücken von Mensch und Muli. Bevor es jedoch richtig losgeht, muss man sich ein erstes Mal bei einem Kontrollpunkt registrieren. Überprüft wird die TIMS Card und ob man bereits die Permits für die Gebiete Gaurishankar Conservation Area und Sagarmatha National Park hat. Wir hatten das Permit und den Eintritt für zweiteres bereits in Kathmandu organisiert, und im Angesicht des Preises für das anderen Permit die Entscheidung getroffen: für 2 Stunden durch einen Zipfel des Gaurishankar-Gebietes wollten wir nicht jeweils 20 Euro bezahlen. Zum Glück sahen die Kontrolleure das genauso - ist man auf dem Weg zu Solukhumbu und hat den Eintritt dafür entrichtet, kann man sich den zweiten Eintritt sparen. Glück gehabt, 40 Euro gespart.

8402325058_7f251ffc39_m.jpg Von Shivalaya ging es steil bergan, erst auf Steinstufen in Serpentinen und dann über einen sonnigen steilen Grat. Zum Glück entschuldete der Blick zurück auf das idyllisch, in einer Flussschleife gelegene, Shivalaya die notwendigen vielen kleinen Pausen. Nach knapp 1000 schweißtreibenden Höhenmetern hatten wir den Deurali Pass, mit einer Ansammlung von Teehäusern, auf 2710m gegen 14:20 erreicht. Leider gab es nicht viel Ausblick und so stiegen wir gleich weiter ab nach Bhandar, ein Ort, zu dem es gelegentlich (nach dem Mond) sogar ein Fahrzeug geben soll. Vorbei an einem kleinen Kloster und vielen vielen Teehäusern erreichten wir nach einer knappen Stunde den Ort selbst. Erwartet hatten wir ein schickes kleines Bergdorf, gefunden hatten wir jedoch nur ein paar weit verteilte Häuschen und wenig freundlich schauende Einwohner.

8401246435_fb2a8c23eb_m.jpg Als wir dem Pfad am Berghang entlang durch die schlüpfrigen Hinterhöfe der teilweise ärmlichen Häuschen folgten, kamen uns immerhin die Kinder freudig mit Blumen in den Händen entgegen - mit fast absehbaren Hintergedanken. Sie bestanden auf ein Foto und verlangten anschließend nachdrücklich als Bezahlung Bonbons, die schnell in den Mündern verschwanden während das Papier zu Boden segelte. Es ging sogar soweit, dass sie auf alles mögliche unserer Ausrüstung zeigten und dazu riefen "This is mine!" (Das ist meins!). Ohne Frage, teilweise sahen Kinder und Häuser erschreckend vernachlässigt aus, aber das Gebaren wirkte fast wie einstudiert, was immerhin für eine gewisse Erfolgsrate spricht - hat ja ausnahmsweise sogar bei uns geklappt. Von nun an gab es Bonbons nur noch für uns selbst; waren sie doch ein kleiner Trost für die schweren Rucksäcke.

Auf dem langen Abstieg Richtung Kinja drohte uns langsam aber sicher die Dunkelheit einzuholen und so schritten wir zügig voran und doch noch immer langsamer als die Einheimischen, die den Weg fast im Laufschritt nahmen. Und so holte uns bald eine junge Frau ein, die auf dem Heimweg von der Schule in Bhandar war. Mit 19 war sie bereits verheiratet, lebte weit vom Mutterhaus entfernt und hatte bereits zwei Abtreibungen hinter sich. Sie wolle gerade keine Kinder, erst eine Ausbildung und überhaupt drohe Nepal eine Überbevölkerung. Überraschend aufgeklärte Ansichten, die kurz danach ein musterhaftes Gegenbeispiel fanden.

8401258099_e9484da69c_m.jpg Da es bereits dunkel wurde und erste Regentropfen fielen, fragten wir bei einem allein stehendem Haus im Dorf Gorunda, gegen 19:30, nach einem Plätzchen für unser Zelt. Die Hausdame stimmte zu und wir durften auf einem perfektem Stückchen Grün vor dem Haus zelten. Da wir noch davon ausgingen, dass wir bei Privatpersonen zelteten, gab es ein Selbstversorgerabendessen und bald köchelte das Cous-Cous, dass wir seit Malaysia mit uns trugen unter sorgfältiger Beobachtung des fröstelnden Sohnes. Auf unsere Nachfrage, ob er keine Jacke habe, kam "I'am Nepalese, I'am poor." (Ich bin Nepalese. Ich bin arm.). Dass das "nur" eine Aussage mit Hoffnung auf eine Spende war, zeigte zum Glück der nächste Morgen als er mit Jacke rumlief. Jede naive Romantik von uneigennützigen Nepalesen zerbröselte bei uns auch dann, als vier Träger ankamen und Einlass in eine Art einfachen Schlafsaal im Haus bekamen und anschließend Verpflegung in der Küche. Und tatsächlich verlangte die Hausdame am nächsten Morgen 100 Rupien von uns. Zwar nur ein Euro, jedoch genauso viel, wie anderswo ein Doppelzimmer in einer Lodge kostet (oder auch ein Euro mehr, als Lodges für den Zeltplatz verlangen, wenn man da isst). Dafür hatten wir am nächsten Morgen einen unbezahlbaren Blick auf das Tal und das erste Mal auf die unzähligen winzigen Flugzeuge von und nach Lukla, ein Zwischenziel, dass für uns noch fünf Tage entfernt lag.

09.10. Gorunda - Kinja - Sete - Goyam

Am Morgen sorgten die Träger für einen frühen Start in den Tag. Bereits um 5:30 machten sie sich auf den Weg und wir schälten uns gegen 6:00 aus den Schlafsäcken. Frühstück und Zeltabbau zogen sich jedoch wie gewohnt bis 08:00.

8401264001_9edb8a0191_m.jpg Es war ein (gefühlt) langer Abstieg über Stock und Stein von Gorunda bis Kinja, einem beliebten Übernachtungsort auf der Wanderung. Über die letzten Hängebrücken kurz vor dem Ort begleitete uns eine Horde Kinder auf den Weg zur Schule. Ein Mädchen blieb geduldig an Pablos Seite, doch den Wunsch nach Bonbons und Stiften konnten wir nicht erfüllen - alle, alle. Im durch und durch touristischen Ort selbst wurden wir von einem Polizisten begrüßt und mussten uns und unser Ziel abermals im Streckenbuch eintragen. Wir waren die ersten des Tages, aber sicher lag das daran, dass bereits alle am Vorabend hier angekommen waren.

8742520713_030f2eb1fe_m.jpg Ohne Pause nahmen wir den Aufstieg von insgesamt verrückten 1900 Höhenmeter gleich hinter Kinja in Angriff. Über Stufen ging es steil, kurvig und atemraubend bergan. Unsere Wanderkarte hatte einen schlimmen Anstieg versprochen und sie behielt recht. Uns entgegen kamen nacheinander zwei Bettler, die bei unserem Anblick gleich heftig mit ihren Blechdosen rasselten und wunde Beine zeigten. Jedoch hatten sie sich dafür eine denkbar schlechte Stelle ausgesucht: hochrot und nach Luft schnappend hatten wir gerade wenig Muße und so richtig gab der Inhalt unserer Rucksäcke die Verpflegung weiterer Mitesser nicht auch noch her.

Im wesentlichen gingen wir den ganzen Tag bergan und zum Glück hielt sich die Sonne etwas bedeckt. Immer wieder trafen wir auf Einheimische, die vollbepackt ihre Einkäufe nach Hause trugen - wesentlich schneller als wir. Aber auch die Porter vom Vorabend sahen wir wieder, als sie beim ersten Dorf weiter oben Pause machten.

8402356802_c50c2ae005_m.jpg Wir wollten an diesem Tag soweit laufen, wie wir kamen. Doch je höher wir kamen, so schlechter wurde auch das Wetter. Nebel zog um uns herum auf, es wurde kalt und feucht. Allein ein "Käse-Haus", welches uns unser GPS für Goyem (Goyam) versprach, brachte uns bei den Umständen schlussendlich auf 3200m. Das wars, um 17:00, wollten wir nicht mehr weiter und so fragten wir bei der Hausdame des Käse-"Ladens" nach einem Platz für unser Zelt und so konnten wir es nahe des Ziegenschuppens aufschlagen - mit einem spektakulären Blick übers Land. Für den freien Zeltplatz kauften wir im Gegenzug für gutes Geld Käse und Eier von der Hausdame und tranken heißen Milchtee.

10.10. Goyam - Lamjura La - Junbesi - Phurteng - Salung

8401276535_fcdb649737_m.jpg Die Nacht war feucht und kalt geworden und am Morgen mussten wir das Zelt nass einpacken um nicht zu spät erst auf den Weg zu kommen. Ausgeruht namen wir die letzten Höhenmeter zum Pass in Angriff, diesmal wieder mit strahlendem Sonnenschein. Auf dem Weg trafen wir wieder auf die gleichen Träger von den Tagen davor und auch einen Führer, der auf dem Weg nach Lukla war. Er erzählte uns, dass er die Strecke läuft, weil seine Agentur ihm keinen Flug zahlt und zudem die Plätze nach einer langen Phase mit schlechten Wetter sehr knapp waren (Touristen werden dann bevorzugt behandelt). Mit ihm liefen auch die zukünftigen Träger seiner Touren-Teilnehmer, die er in Lukla treffen würde. Schon jetzt waren sie schwer bepackt und trugen unter anderem das Gas für den Kocher, da das nicht im Flugzeug transportiert werden kann. Da beschwere sich unsereiner noch über einen Anfahrtsweg zur Arbeit von einer Stunde. Für den Guide war es ganz normal in fünf Tagen zu seinem Arbeitsplatz zu laufen.

8401283231_5c2579b89e_m.jpg Um 10:30 erreichten wir den Lamjura La (3530m), eine kleine Senke in einer Bergkette, durch die auch die Flugzeuge zwischen Lukla und Kathmandu fliegen. Ganz nah kommen die Flugzeuge, so nah, dass man fast meinen könnte, man kann sie mit ausgestrecktem Arm erreichen. Mit gemischten Gefühlen sahen wir den Flugzeugen hinterher. Zum einem mit Stolz, da wir die Strecke liefen, zum anderen mit ein bisschen Wehmut, da sie nur knappe 30 Minuten für die Strecke brauchten, wir jedoch sieben Tage.

Kurz vor dem Pass und ganz oben gibt es wieder Übernachtungsmöglichkeiten und hier trafen wir wieder auf die Träger bei ihrem zweiten Frühstück. Da es ziemlich windig dort oben war, stiegen wir nach einer kurzen Pause, wieder zügig ab. Nachdem es am Pass bereits hochgebirgig kahl war, ging es auf dem Weg (rund lange 800 Höhenmeter bergab) nach Junbesi wieder durch Wald und vorbei an kleinen Siedlungen. Junbesi selbst, auf 2700m, erschien uns nach zwei Nächten im Zelt und eher kleinen unscheinbaren Orten wie eine kleine Wanderer-Oase. Weiß strahlten die Häuser schon von weitem und im Ort angekommen, lockten viele pitoreske Hostels mit Zimmern und Essen. Man findet fast alles dort: kleine Shops, eine Art Post, eine Sir Edmund Hillary Schule und viele, viele Wanderer, die sich unter anderem Apfelkuchen schmecken lassen. Für uns war es jedoch noch zu früh, um den Tag zu beenden und zudem stand wieder ein langer Anstieg bevor, den wir auf zwei Tage verteilen wollten und so ging es nach einer kurzen Pause am Fluss (Socken waschen) direkt weiter bergan Richtung Taksindu La.

8401294457_4140220204_m.jpg Gemeinsam mit Schulkindern, die von Junbesi zurück in ihre Dörfer gingen, nahmen wir den Anstieg in Angriff. Sie waren natürlich erstmal schneller und doch holten wir sie während einer ihrer Pausen wieder ein und fragten nach den nächsten Dörfern und Übernachtungsmöglichkeiten. Einige Lodges, wie die Everest View Lodge (den Everest selbst hatten wir dort nicht gesehen), hatten wir bereits hinter uns gelassen und so hofften wir wieder auf einen Zeltplatz auf einem privaten Grundstück. Obwohl es bereits dämmerte, passierten wir noch Phurteng (3040m, sah sehr verlassen aus) und erreichten Salung erst bei Dunkelheit (18:10). Wieder fragten wir nach einem Zeltplatz und bekamen diesmal, von ein paar Jungendlichen, ein verlassenes Haus gezeigt, in dessen Garten wir unser Zelt aufschlagen konnten. Wasser holten wir uns von einem Haus oberhalb, aber hinsichtlich Toilette waren wir etwas aufgeschmissen und ratlos. Ein kleines Scheißhaus am Wegesrand rettete uns zwar, war aber alles andere als lecker.

11.10. Salung - Ringmu - Taksindu La - Nunthala - Jubhing

8401300091_7d1412db7a_m.jpg Am nächsten Morgen, noch während wir frühstückten, kam eine Mutter mit Kind und fing an in dem sichtbar lange vernachlässigtem Garten zu werkeln. Sie sagte zwar nichts, schnaubte allerdings böse. Da wir jedoch das Grundstück zugewiesen bekommen hatten, fühlten wir uns nur ein ganz wenig schuldig und sahen dennoch zu, dass wir schnell weiterkamen. Allein ihre kleine Tochter hatte keine Berührungsängste und zeigte einfordernd auf unsere Ausrüstung und versuchte beim Zeltabbau zu helfen. Als die Schulkinder wieder bergab nach Junbesi liefen, gingen wir in die andere Richtung weiter.

8402403186_81c2df3acf_m.jpg Entlang eines schönen Hochwanderweges ging es immer weiter rein ins Tal, bis wir ein kurzes Stück bergab zu einer Brücke mussten. Von dort ging es wieder knallhart den Berg rauf zum Taksindu La (Pass, 3070m), den wir gegen 11:30 erreichten. Auf dem Weg dorthin sahen wir in Ringmu (2720m) die ersten Karawanen von Mulis, die unter anderem Gasflaschen Richtung Lukla und Namche trugen. Nahezu alle Waren werden auf diese Art von Phaplu (mit Flughafen, aber ohne reguläre Busanbindung, südlich von Salung und auch eine Alternative zu unserer Route) zu den Orten gebracht, die nicht mehr per Motorkraft erreicht werden können. Etwas mitleiderregend sehen die kleine Tiere schon aus, wenn sie schwer beladen und ständig mit Rufen und Hieben angetrieben über die Steine stolpern. Da sie jedoch störrisch ihre Bahn ziehen, sollte man sich immer an der Bergseite halten und gegebenfalls auch laut werden, da man sonst schon gelegentlich zwischen Gasflasche und Berg klemmt - besser aber als zwischen Gasflasche und Abhang.

Während unserer Pause auf dem Pass blieb ein älterer Mann (Inder?) bei uns stehen. Gar nicht so recht zu seiner Kleidung, Anzugshose, Hemd und kleine Sporttasche, deren Griffe gerissen waren, passend, erzählte er uns, dass er unsere Strecke in umgekehrte Richtung lief. Zwar sahen seine Sachen etwas verbraucht aus, doch die Einfachheit seiner Ausrüstung ließ uns doch etwas beschämt auf unsere teuren Rucksäcke, deren ausgeklügelten Inhalt und die Komplexität, mit der wir die Wanderung angingen, schauen.

8401322711_53956a49e5_m.jpg Nach dem Pass stehen rund 900 Höhenmeter Abstieg an. Es geht vorbei am Kloster in Taksindu (2930m), durch das schicke sonnige Dorf Nunthala (2194m) mit vielen Unterkünften bis runter zum schattigen Dudh Khosi Fluss (1600m). Wir hatten nach dem Aufstieg zum Pass und dem langen Abstieg auf einem Weg, auf dem dem von Stein zu Stein steigt, um Mulikot auszuweichen, genug. Nach einer kurzen Pause an der 109m langen Hängebrücke über den Fluss fiel es schon verdammt schwer wieder den Rucksack zu schultern und erneut bergan zu gehen. Zu allem Überdruss fing es auch noch an zu regnen und so viel es uns dann sehr leicht in die erste Unterkunft in Jubhing (17:30) zu gehen. Es war unser erstes Zimmer nach drei Nächten im Zelt und der Zimmerpreis von zwei Euro ließ uns am Schleppen des Zeltes etwas zweifeln. Es gab sogar Strom im Zimmer! Zum Abendessen gab es eine riesige Portion Kartoffeln, die die beiden anwesenden Chinesen immer wieder in ein kicherndes "Pootaatooo!" ausbrechen ließen - die hatten wohl schon zu lange nichts mehr richtiges zu essen. Dazu gönnten wir uns ein mehr als sättigendes Dal Bhat, das Standardmenü in den Bergen, bestehend aus Reis, Kartoffelcurry und Gemüse. Mit dicken Bäuchen und nach einer (eis)kalten Dusche krochen wir in die Betten und es blieb uns nur noch zu hoffen, dass der Regen über Nacht aufhören würde.

12.10. Jubhing - Kharikola - Bupsa - Kari La - Puyan

8402479420_3b86dbcbca_m.jpg Unser Wunsch ging in Erfüllung und so konnten wir nach dem Frühstück ohne Regen starten. Tagesziel war es, soweit wie möglich Richtung Lukla zu kommen um dann am nächsten Tag endlich die Hauptstrecke von Lukla zur Trekking-Hauptstadt Namche zu erreichen. Wir wollten über die letzten zwei Pässe, die uns noch vom anschließenden ewigwährenden Aufstieg zum Everest Basislager trennten, und außerdem lockte heute ein Stück Geburtstagskuchen.

Natürlich ging es erstmal wieder bergan, vorbei an Kharikola (2040m, ein großes Dorf mit unzähligen Shops für alles, was der Wanderer braucht) zu einem kleinen Pass mit einem Kloster. Hier in Bupsa gönnten wir uns eine lange Pause und leckeres Mittagessen im strahlenden Sonnenschein. Weiter ging es dann durch Wald auf den Kari La (3059m) zu einem Gästehaus, wo wir uns bereits am höchsten Punkt des Tages wähnten. Wir ließen uns ein Snickers schmecken und grüßten die Träger, die wir nun bereits seit mehreren Tagen immer wieder trafen. Sie wirkten viel entspannter als sonst, kam ihr Ziel, Lukla und Namche, immer näher. Leider war es inzwischen soweit zugezogen, so dass wir nicht Lukla sehen konnten, jedoch einen weiteren Pass ein Stück weiter. Vom Hüttenwirt wurden wir dann, zu unserem Bedauern, aufgeklärt, dass wir noch nicht "oben" angekommen waren und dass es abermals ein Stück weiter hinauf ging.

8841627634_2cd03d7af1_m.jpg Dreißig Minuten später erreichten wir die kleine Ansammlung von Häusern und Pausenpunkt für die Muli-Kolonnen am höchsten Punkt des Tages. Als Tagesziel hatten wir inzwischen Puyan (Paiya oder auch Chutok) ins Auge gefasst. Wir konnten die Häuser bereits auf der anderen Talseite sehen, der Weg zog sich jedoch erbarmungslos in die Länge. Halb rutschten, halb stolperten wir auf dem, von Mulis total zertreten und bepinkelten, matschigen Pfad unserem Dorf entgegen. Während einer kleinen Pause holte uns einer der Chinesen wieder ein, der total entnervt mit abgebrochenen Wanderstock auf der Suche nach einer Unterkunft war. Wir verprachen ihm das Dorf in einer guten halben Stunde und sahen ihn dann nicht wieder.

8401409227_140954b155_m.jpg Wir erreichten Paiya gegen 17:30 und zogen anlassgerecht in einen kleinen Bungalow der Beehive Lodge ein. Endlich gab es einen Kaffee, eine Art Kuchen (krosser Pancake mit Apfel gefüllt) und ein paar ruhige Stunden am warmen Ofen. Gekrönt wurde der Abend mit einem leckeren Dal Baht und einem Pudding (der gute malaiische), der seit Kathmandu als Geburtstagsgeschenk versteckt mitgetragen wurde. Leider schafften wir es dann noch eine Thermoskanne zu zerbrechen, die wir schuldbewusst bezahlten. Schließlich muss alles irgendwie durch die Berge getragen werden. Die Besitzerin sah das jedoch total enspannt und meinte, dass sie sich einfach eine neue aus Lukla (ein Tagesmarsch) mitbringt, wenn sie das nächste mal dort einkaufen geht.

13.10. Puyan - Surke - Chaurikharka - Phakding - Zamfute

8402551510_95a2166672_m.jpg Und dann endlich, am siebten Tag unserer Wanderung, sollten wir Lukla und damit den offiziellen Weg (Lukla - Base Camp) erreichen. Wir waren gespannt, wie und ob sich der Weg, die Dörfer und die Menschen verändern würden, auf die wir trafen. Bisher hatten wir immer nur wenige Wanderer gesehen, die Preise waren moderat und die Dörfer tatsächlich bewirtschaftete Flächen gewesen. Mit Lukla hatten wir eine Höhe erreicht, ab der es bald keine natürlichen Dörfer mehr geben sollte und alles allein für den Touristenstrom existiert.

Nach Paiya ging es nur ein kurzes Stück bergan, bis um die Bergnase herum, von der wir den Flughafen von Lukla sehen konnten. Fast im Minutentakt kamen kleine Flugzeuge im Tal entlang um auf der kurzen und steilen Landebahn zu landen - ein Spektakel nicht nur für die Passagiere, sondern auch spannend genug für uns um eine ganze Weile dort oben zu pausieren. Die nächste Tee-Pause gab es dann auch schon wieder in Surke (2290m) nach einem kurzen Abstieg. Scheinbar hatten wir das Bedürfnis uns zu belohnen, waren wir fast da angekommen, wo die Massen innerhalb von dreißig Minuten mit dem Flugzeug von Kathmandu ankommen.

8402558078_e6685c99ca_m.jpg Trotzdem beschlossen wir, der traditionellen Strecke folgend, Lukla zu umgehen (es wäre ein steiler Aufstieg gewesen) und im Tal ein Stück unterhalb Richtung Phakding zu gehen. Phakding ist des erste Tagesziel für die, die mit dem Flugzeug ankommen. Es ist nicht weit und nur wenig höher als Lukla, was bei der langsamen Gewöhnung an die Höhe helfen soll. Das Tal kam uns vor, wie ein kleines Paradies. Überall sahen wir Felder, schicke weiße Häuser mit Terrassen und die Sonne wärmte uns gut durch - einladend genug um uns, nach der Tee-Pause, noch ein Mittagessen in Chaurikharka zu gönnen. Wir hofften, dass die Preise noch human waren und noch nicht dem Touristenstrom angepasst waren, auf den wir bald stoßen sollten.

Tatsächlich kann man es als Zusammenstoß bezeichnen. Kaum hatten wir den von Lukla kommenden Weg erreicht, waren wir umgeben von so vielen Wanderern, wie wir sie in den ganzen sieben Tagen zusammen nicht gesehen hatten. Und der Anblick ließ schreckliches für die nächsten Zeit erahnen. Am schockierendsten war wohl der Anblick der Damen mit Handtaschen, die ihren Guides folgten, sowie die uralten Asiaten, die halb getragen von ihren nepalesischen Führern, langsam den Berg herab stolperten. Ganz so massentauglich hatten wir uns unser lang erträumtes Abenteuer nicht vorgestellt und so reihten wir uns etwas missmutig ein.

8401475127_182334031c_m.jpg In Phakding (2610m) entschieden wir uns dann entschlossen gegen den ganzen Trubel. Sicher war der Ort mit all seinen Bäckereien, feinen Unterkünften sehr verlockend, doch die allgegenwärtige Werbung für Pubs mit Discos erinnerte uns eher an ein Ballermann Nepals als an ein naturnahes Erlebnis. Und so steuerten wir den nächsten kleinen Ort, Zamfute, an und hofften, dass wir dort ein preiswerteres und ruhiges Zimmerchen finden würden. Unser Plan ging auf und pünktlich zum einsetzenden Platzregen (16:30) betraten wir ein neugebautes schickes Gebäude und bekamen tatsächlich ein feines sauberes, helles Eckzimmer mit Blick auf die Berge für nur zwei Euro. Mit diesem Preis fühlten wir uns als heimliche Sieger, als eine geführte Gruppe des Tourenanbieters Hauser Exkursionen ebenfalls einzog. Beim Abendessen tauschten wir unsere jeweiligen Erfahrungen (individuell vs. geführte Tour) aus und waren uns bald einig, dass man die Wanderung gut allein machen kann. Ein Verlaufen ist dank der Massen und des klaren Weges unmöglich und bei der Unmenge an Teehäusern muss niemand draußen schlafen. Allein der Luxus, dass jeder der Gruppe einem Träger bis zu 15 Kilo Gepäck (wie z.B. eine elektrische Zahnbürste!) überhelfen kann, mag angesichts der dünnen Luft verlockend sein, jedoch schwerlich den Preis rechtfertigen (jedenfalls für uns).

14.10. Zamfute - Larja Brücke - Armeeposten - Monjo - Namche

8402580536_4101cb0095_m.jpg Am nächsten Morgen war der Himmel wieder klar und die Berge zum greifen Nahe. Gegen 7:30 machten wir uns wieder auf den Weg, wie auch die Träger der Hauser-Gruppe. Erst ging es bergan nach Benkar (2630m) und dann, steil, nach Monjo, dem offiziellen Zugang zum Sagarmatha National Park. Jeder Wanderer muss sich hier registrieren und entweder sein in Kathmandu erworbenes Permit vorlegen oder noch eines erwerben. Wir hatten Glück und es herrschte kein so großer Andrang uns so waren die Formalitäten für uns schnell erledigt. Letztes Jahr (2011) waren im Oktober 10'329 Trekker im Nationalpark unterwegs gewesen, Träger und Führer ausgeschlossen. Das Mitschwimmen in der Masse muss auch den akuten Mangel an Fotos bei uns erklären. Wie in einem Sog zog es uns immer weiter, so auch über die Larja Brücke über den Dudh Khosi (Milch Fluss), wo wir auf unsere erste Yak-Herde trafen, die Taschen einer Hauser-Gruppe nach Namche trugen. Scheinbar war der Trubel und die überall anwesenden Touristen auch einem Yak zu viel und es weigerte sich erst störrisch von der Brücke runter zu kommen, nur um dann auf der winzigen Plattform sich mit seinen Hörnern Platz zu verschaffen. Die Machtverhältnisse waren für uns spätestens seit da klar definiert und wir machten jedem Yak ehrfürchtig Platz.

8401496117_d43c00432e_m.jpg Nach der Brücke beginnt der finale Anstieg nach Namche und die Spreu trennt sich vom Weizen. Endlich zogen sich die Reihen der Wanderer auf den gut ausgetretenen Serpentinen auseinander. Wir gingen genauso langsam wie die anderen Träger den Weg hinauf und gönnten uns erst eine Pause, als wir am Aussichtspunkt ankamen, von dem man den Mount Everest das erste Mal sehen kann. So fern und doch so nah ragte der Gipfel des höchsten Berges der Welt, noch 28km Luftlinie von uns entfernt, in den Himmel.

Kurz vor Namche wurden wir dann kurz zwangsgestoppt als nun auch ein Armeeposten unser Unterlagen sehen und unsere Daten aufschreiben wollte. Wozu? Angeblich zu unserer eigenen Sicherheit, jedoch wird nie kontrolliert, ob man je wieder das Gebiet verlässt. Verschwindet man also irgendwo, fällt es jedenfalls weder der Armee noch dem Nationalpark auf. Von dem Armeeposten war es dann nur noch ein kurzes Stück bis Namche auf 3440m in Sicht kam. Farbenfroh schmiegt sich das große Dorf an den Berghang. Einst war es ein wichtiger Handelsplatz für Tibeter und Nepalesen, heute lebt es überwiegend vom Tourismus. Die Einwohner- und Touristenzahl ist in den letzten Jahren soweit angestiegen, dass das kleine Wasserkfraftwerk, installiert von Schweizern, nicht mehr ausreicht um alle Häuser ausreichend, wie beim Bau gedacht gratis, zu versorgen und so muss man bereits in Namche für das Laden seiner Akkus zahlen.

8402590456_a4241a7843_m.jpg Zwar hatten wir eine Unterkunftsempfehlung von einem kanadischen Paar, welches wir seit Phankding immer wieder trafen, bekommen, jedoch wählten wir das Lahsa Guesthouse, die uns etwas preiswerter erschien. Wir bekamen ein schickes Zimmerchen mit Holzverkleidung und beeindruckenden Blick über Namche, was ein bisschen ausglich, dass es keine warme Dusche gab und auch das Essen etwas teurer war. Der erste Stadtrundgang führte uns, endlich einmal in Flipflops, zur Herman Helmars Bäckerei, die einen legendären Ruf unter den Trekkers genießt. Wenig überraschend trafen wir dort wieder auf das kanadische Paar und belohnten uns für die letzten Tage mit Kaffee und Kuchen zum Wucherpreis. Am Abend genossen wir die Annehmlichkeiten der Zivilisation und schauten in der Liquid Bar den IMAX Film Everest um die unglückliche Saison 1996 (in der an einem tragischen Tag neun Menschen in einem Sturm starben) und surften im Internet. Jaja, in Namche gibt es alles, auch Snickers zum fast gleichen Preis, wie unten in Kathmandu!

Den ersten Abschnitt unserer Wanderung hatten wir somit geschafft, wir waren in das berühmte Trekkinggebiet Solo-Khumbu hineingelaufen. Der Ernst der Tour begann jedoch erst hier in Namche mit Höhen, die wir bisher noch nie erreicht hatten. Wir waren gespannt, wie die Höhe sich auf uns und unsere Leistungsfähigkeiten auswirken würde, insbesondere hinsichlich unserer Rucksäcke, die immer für Aufregung sorgten, egal, wo wir damit auftraten. Bisher waren wir jedoch stolz, dass wir die rund 110km von Jiri nach Namche zu Fuß bewältigt und dabei das ländliche Nepal gesehen hatten. Gut trainiert waren wir nun bereit für den weiteren Aufstieg.

Karten

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