08.09.2012 Gunung Kelimutu - Schlaflos in Indonesien

Aus RTW

Version vom 30. Juli 2013, 16:12 Uhr von Wiese (Diskussion | Beiträge) (added coordinate type (landmark))

26 Stunden an Deck - 1000 Höhenmeter der Sonne entgegen - trostloses Ende

Von Rantepao fuhren wir mit dem Nachtbus nach Makassar am südlichen Ende von Sulawesi. Bereits morgens um sechs Uhr stiegen wir etwas steifbeinig und mit platten Hintern aus dem Bus, nicht wie erwartet an einen Busbahnhof oder nahe des Stadtzentrum, sondern an einer Schnellstraße, direkt in eine Horde begieriger Taxifahrer. Da wir jedoch viel Zeit hatten, bis das Pelni-Büro öffnete, hielten wir erstmal Kurs auf ein McDonalds-Schild ein Stück die Straße rauf. Wir hatten einen ganzen Tag in Makassar und wollten am Abend mit einem Pelni-Schiff nach Flores übersetzten. Unseren Versuch die entsprechenden Tickets bereits in Rantepao zu kaufen, war jedoch an der horrenden Kommission (entsprach einem Fährticket) der Agentur gescheitert und wir hofften nun auf das lokale Büro und den nie endenden Ticketverkauf (ließ: Überbuchung der Schiffe).

Nach einem Frühstück bei McDonalds (in Asien mit W-Lan ausgestattet) liefen wir zu Fuß gute fünf Kilometer quer durch die Stadt zum Ticketbüro und hatten Glück. Wir bekamen ohne Probleme zwei Tickets für die KM Sirimau, Abfahrt um 21:00 und Ankunft am nächsten Abend um 22:00. Zwar waren die Tickets für die niedrigste Klasse, aber es standen Nummern für Liegeplätze drauf und es gab somit Aussicht diesmal nicht auf Deck schlafen zu müssen, wie bei der Überfahrt von Kalimantan nach Sulawesi.

Mit unseren Rucksäcken hatten wir wenig Lust auf einen Stadtrundgang und so suchten wir uns einen Food Court, der uns mit Kaffee und Internet versorgen konnte und wo wir recht ungestört die Stunden bis zur Abfahrt verbringen konnten. Auf dem Weg zum Hafen, gab es dann noch ein Abendessen an einem Straßenstand und dann schlenderten wir weiter in die Richtung, wo wir das Schiff vermuteten. Kurzzeitige Panik gab es jedoch, als der Fährhafen nicht da, wo er im GPS verzeichnet war. Erst gut einen Kilometer und drei Mal Nachfragen weiter wurden wir fündig. Zwar sah es noch immer nicht nach einem Hafen aus, aber es saßen und lagen genug Menschen am Boden vor einer großen Wartehalle, so dass wir uns am richtigen Platz wähnten. Außerdem fragten uns finstere Gestalten nach unseren Pässen und Tickets - erstes ließen wir stecken und zweites zeigten wir nur außerhalb ihrer Reichweite. Der Mangel an Uniformen oder sonstigen Kennzeichen in Indonesien macht es schwierig zu erkennen, wer retliche und wer schlechte Absichten hat.

8302591160_00a20d6fe5_m.jpg Nicht schwierig zu erkennen war jedoch, dass unser Schiff Verspätung hatte. Fünf Stunden warteten wir erst draußen, dann in der Wartehalle. Erst gegen ein Uhr kamen wir aufs Schiff und das auch erst nach dem alle anderen bereits etwas zum Liegen oder Sitzen reserviert hatten. Unsere Platzkarten waren genau Nichts wert und die Liegen schon von eifrigen Trägern mit Kisten vollgestellt. Die indonesischen Passagiere scheinen den Gepäckträgern ein besonders gutes Trinkgeld zu versprechen, wenn diese nicht nur die Kisten an Bord tragen, sondern auch noch einen guten Platz reservieren. Leider fand auch unser Antrag auf unsere Plätze bei der Schiffsbesatzung kein Gehör und uns wurde ziemlich deutlich gesagt, dass freie Platzwahl herrscht. Wie andere Reisende der westlichen Welt von einer hilfreichen Schiffsbesatzung berichten können oder sogar von einer bevorzugten Behandlung (nicht, dass wir sie annehmen würden) bis hin zu einem Schlafplatz in der Besatzungskabine, bleibt uns rätselhaft. Nach all unseren Diskussionen mit anderen und zwischen uns selbst, blieb uns wieder nur ein Platz an Deck und der war diesmal auch noch sehr laut und windig. 26 Stunden hockten oder lagen wir dort auf einer Isomatte wie auf einem Präsentierteller, lediglich unterbrochen durch den Gang zur Essensausgabe oder zum Klo. Schlaf gab es wenig, und wenn, dann immer wieder unterbrochen vom unermüdlichen Kommen und Gehen - ohne dass es einen Halt gegeben hätte - und lautstarken Gesprächen anderer Passagiere mit weniger Bedürfnis nach Nachtruhe. Bedenkt man, dass sie wenig bis keinen Kaffee trinken, finden wir es eine beachtliche Leistung zwei Nächte lang anderen Passagieren das Schlafen unmöglich zu machen. Als dann endlich morgens gegen vier Uhr die Lichter von Larantuka auf Flores ins Sicht kamen, war die Erleichterung groß. Insgesamt hatten wir sieben Stunden Verspätung (fünf davon waren es schon bei der Abfahrt) und hatten zwei Nächte auf dem Schiff verbracht - immerhin eine Übernachtung an Land gespart.

Noch beim Aussteigen vom Schiff hörten wir schon die ersten "Moni"-Rufe von Bus-Schleppern. Schlepper nennen wir die Leute, die umherlaufen und Passagiere für ihren/einen Bus suchen, sammeln und dann gebündelt zum bereit stehenden Bus bringen. Besonders Eifrige steigen noch beim Ausrollen des vorherigen Transportmittels ein und bewerben ihr Vehikel, scheinbar ohne zu merken, dass sie so das Aussteigen ihrer potentiellen Kunden erfolgreich verhindern. Da noch früh am Morgen, wollten wir direkt weiter nach Moni fahren und entschieden uns, unüblich für uns, ausnahmsweise für einen Schlepper. Auf dem Weg zum Bus verloren wir ihn jedoch und so mussten wir uns so von Bus zu Bus durchfragen, wobei diesmal nicht nur der Preis (im Gegensatz zu den indonesischen Passagieren müssen wir beständig unsere Fahrpreise aushandeln) sondern auch der Alkoholpegel des Fahrers ausschlaggebend war. Immerhin gewannen wir so einen Einblick in die heterogene Preislandschaft und den Zustand der Gefährte; 24-Sitzer die es in dieser Form auf Europas Straßen nicht gibt.

Bereits auf den Togians hatten uns zwei Schweizer Empfehlungen für Moni gegeben und begeistert vom Vulkan geschwärmt. Dank ihre Hotelbeschreibung (Regen durch die Decke und vergammelte Betten) wussten wir jedenfalls schon, wo wir nicht schlafen wollten, kannten jedoch auch keine Alternative. Obwohl Moni winzig ist, mangelt es nicht an Unterkünften und überraschender Weise waren die Preise hoch, selbst für indonesische Verhältnisse und untereinander gut abgezirkelt. Wir entschieden uns nach einer Fragerunde im ganzen Dorf für das Maria Inn, wo wir einen schicken Bungalow mit Frühstück bekamen. Die Betreiber, Maria und Bernhard, ein liebenswürdiges Paar, sind eigentlich fast immer auf der Veranda ihres Bungalows anzutreffen, sprechen sehr gut Englisch und wissen viel über die Gegend. Ihr Sohn betreibt ein kleines Restaurant hinter den Bungalows und beglückt fast jeden Gast mit einem 3-Gänge-Menü der extravaganten Art. Nachdem er uns den Mund wässrig geredet hatte, stimmten wir trotz des heftigen Preises zu. Nach der miserablen Pelnifahrt und dem bescheidenen Essen an Bord fühlte es sich verdient an.

8302682230_13089b8044_m.jpg Nach einer Nacht im Bus und zwei Nächten auf dem Schiffsdeck taten wir am das einzig logische und standen am nächsten Morgen um 2:50 auf, für unseren Sprint gegen die Sonne auf den Mount Kelimutu. Wir gewannen! Anfänglich über schmale Pfade mit Taschenlampe und später der Autostraße im Mondlicht folgend, schafften wir die 9,5km und fast 1000 Höhenmeter in weniger als zwei einhalb Stunden. Am Kontrollposten auf halben Wege war noch niemand wach und so schlüpften wir eilig unter der Schranke hindurch, gefolgt von ein zwei Indonesiern auf einem Moped. Den Parkplatz erreichten wir jedoch gemeinsam mit den Autos voller Touristen, die sich erstmal an dem dort angebotenen Tee, verkauft von den Indonesiern mit dem Moped, wärmten. Uns war warm genug und wir freuten uns auf unseren selbstgekochten Kaffee oben am Gipfel bei Sonnenaufgang. Und so standen wir, um 05:40, auf die Minute, mit einem Kaffee in der Hand und zitterten (dann doch) dem Sonnenaufgang entgegen.

Der Vulkan, oft mystisch in Wolken gehüllt hat eine wichtige sprituelle Bedeutung für die Bewohner der Gegend, die daran glauben, dass die Seelen der Verstorbenen in den Seen ruhen. Die Seelen von alten und weisen Leuten gelangen nach ihren Tod in den Tiwa Ata Mbupu, der einzelne, zur Zeit schwarze See, während die Seelen von jungen Menschen in den Tiwu nua muri koo fai kommen. Der See Iwu ata polo ist reserviert für böse Geister.

Gut zwei Stunden verbrachten wir dort oben, fotografierten die drei Seen und genossen die Ruhe als alle anderen schon längst wieder weg waren. Für den Rückweg wollten wir uns mehr Zeit nehmen und so folgten wir dem Fußweg runter über Pemo. Die Sonne stand inzwischen hoch genug um uns daran zu erinnern, dass wir viel zu wenig Wasser dabei hatten und die etwas karge Landschaft bot kaum Schatten. In Pemo waren wir reif für einen zweiten Kaffee und so nahmen wir das Angebot von einem Anwohner an. Immer wieder wird man auf dem Weg von den Leuten gefragt, ob man Tee oder Kaffee (kaufen) möchte, wobei es sich meistens um eigene Herstellung handelt. Wir landeten bei Afelinus und seiner Frau, die uns einen sehr guten Ingwer-Kaffee, ohne Milch, aber mit Zucker, zubereiteten. Die Kaffeebohnen werden mit Ingwer geröstet und der leicht scharfe Geschmack des Kaffees ist unvergleichlich einzigartig.

8302568235_9b8c9f0902_m.jpg Afelinus entpuppte sich als Tourguide, der jahrzehntelang Touristen auf den Vulkan und durch die Umgebung geführt hat. Vor ein paar Jahren hatte er jedoch einen Schlaganfall, ist seit dem halbseitig eingeschränkt und "Rentner", wie er selbst sagte. Er zeigte uns unzählige Erinnerungsstücke, Fotografien und Dankschreiben seiner Kunden und schwelgte in leidlichem Englisch in Erinnerungen. Für ein gemeinsames Foto kleidete uns seine Frau in traditionelle Tücher und es war fast schwer sich wieder zu lösen und so gab es einen zweiten Kaffee und etwas vom guten Stoff in Plastiktütchen verpackt mit auf den Weg. Das gemeinsame Foto schickten wir ihnen später aus Jakarta per Post zu.

Gegen Mittag waren wir wieder zurück am Bungalow in Moni und holten erstmal unser Frühstück, in Form von Nasi Goreng (gebratener Reis) nach - eine nette Geste der Hausherren, dass wir ihnen erst statt Pfannkuchen ein richtiges Essen und dann noch zur falschen Tageszeit, als stattliches Mittagessen, abringen konnten. Frisch gestärkt, aber ziemlich müde, fassten wir den Entschluss noch am gleichen Tag weiter nach Ende, dem nächst größeren Ort auf dem Weg nach Bajawa, zu fahren; der erfrischend aufgeklärte Hausherr stimmte uns zu, auch wenn es für ihn den Verlust einer Übernachtung bedeutete. Kurz noch hatten wir die Möglichkeit zu einer interessanten Diskussion, sonst auf Grund der mangelnden Englischkennisse selten möglich, zur politischen Lage, der wachsenden Korruption im Land, und den steigenden Kosten für das "High School"-Internat (15-18 jährige Schüler) seiner Kinder, wo das Schuljahr inzwischen 30 mio. Rupien (ca. 2350 Euro) kostet.

Mit der lokalen Straßenlage hatten wir keine weitere Zeit zu verlieren, da unser Abflug aus Jakarta immer näher rückte. Schweren Herzens verließen wir den gemütlichen Bungalow und stellten uns an die Straße um ein Verkehrsmittel nach Ende anzuhalten. Bernhard hatte uns eine Preisempfehlung mit auf den Weg gegeben und so ließen wir das erste ohne uns abfahren. Wie der Zufall jedoch so spielt, stieg eben aus jenem Gefährt ein Paar aus, das wir auf den Togians getroffen hatten. Wir gaben Tips zur Besteigung (als wir von GPS, Rekordzeiten und Schweiß sprachen plädierten sie mehr und mehr zu Moped) des Vulkans und empfahlen guten Gewissens das Maria Inn. Im Gegenzug dazu erzählten sie uns, dass wir zu viel für das Luxus-Abendessen bezahlt hatten. Sie hatten jemand getroffen, der den Preis um die Hälfte runtergehandelt hatte.

Der nächste Minibus nahm uns zu unserem Preis mit brachte uns zum Busbahnhof Wolowana bei Ende. Indonesisch-typisch war der außerhalb der Stadt und erste Verhandlungsversuche mit den Bemofahrern scheiterten und so starten wir die fünf Kilometer zum Stadtzentrum, nicht ohne den üblichen gegenseitigen Unmut, zu Fuß bis sich ein Bemofahrer erbarmte und uns zum lokalen Preis mitnahm. Nur wohin?! Wir hatten kein Unterkunft rausgesucht, der Fahrer kannte keine und so kreuzte er durch die Straßen, bis wir aufgaben und ausstiegen.

In Ende gab es gefühlt nur drei Unterkünfte: die Beste war voll, die Schlechteste zu teuer und die Mittlere gerade so ertragbar. Großzügig sahen wir im Zimmer über die vollen Ascher, leeren Wasserflaschen und Probepackungen im Bad hinweg, die Bettwäsche ließen wir jedoch wechseln. Dreimal waren wir auf der Suche nach einem Zimmer durch den Ort gelaufen und genauso oft nochmal am Abend auf der Suche nach einem Restaurant. Wir endeten bei einem Straßenstand mit frittierten Teilchen und beschlossen, dass der Ortsname Ende das Ambiente des Ortes perfekt beschreibt.

Am nächsten Morgen saßen wir bereits um sechs Uhr in der Lobby/im Restaurant des Hotels und warteten ungeduldig auf unsere inklusiv-Toastscheiben mit Kaffee - Frühstück, pah! Zwar half uns ein Mitarbeiter anschließend zwei Ojeks (Motorad-Taxis) für die Fahrt zum (anderen) Busbahnhof heranzurufen, vor der allgemeinen Verdoppelung des Preises bewahrte es uns jedoch nicht. Unser Bus nach Bajawa fuhr um 7:15 rund 100 Meter vom eigentlichen Terminal Ndao, am westlichen Ende der Stadt, entfernt ab. Die Station selbst war einmal wieder verlassen und scheinbar ungenutzt - das bleibt ein indonesisches Phänomen.

Videos

Karten

Fakten

Moni

  • Bus von Larantuka nach Moni für 85'000 INR
  • Doppelzimmer gibt es fast überall im Dorf ab 150'000 INR, manchmal mit und manchmal ohne Frühstück.
  • Maria Inn ist eine gute Wahl. Es gibt zwei Bungalows und ein paar Zimmer mit Frühstück, geführt von einem netten Ehepaar (Maria und Bernhard), dass man eigentlich immer auf der Veranda ihres Bungalows antreffen kann.
  • Restaurants gibt es nicht. Interessantes (vllt. nicht ganz füllendes) Abendessen bei dem Sohn von Maria und Bernhard gibt es 150'000 INR für zwei Personen - verhandeln ist möglich.
  • Busse nach Ende kommen am frühen Nachmittag vorbei, 15'000 INR

Ende

  • Doppelzimmer mit vernachlässigbarem Frühstück im Dwi Putra Hotel für 125'000 INR
  • Bus nach Bajawa, morgens gegen 7Uhr für 45'000 INR
-8.764402121.813131

-8.764402, 121.813131


Alle Blog-Einträge