25.06.2012 Cameron Highlands - erfrischend, anders

Aus RTW

Bus via Ipoh - Das Erdbeer-Versprechen - chemische Äpfel - Auf den Hund gekommen - Teetrinken als Kunstform - fleißig wandern

Seit fast drei Monaten hatten wir fast täglich Sommer mit 30 Grad und mehr, freuten uns über jeden Schattenplatz und ließen fast keinen 7-Eleven für einen Slurpee aus. Unsere langen Sachen waren kaum mehr als Ballast und kamen nur noch in völlig unterkühlten Bussen zum Einsatz. Man könnte sagen, wir waren gut durch und reif für ein paar Tage bei etwas weniger anstrengenden Temperaturen, bei denen man auch mal eine längere Wanderung übersteht und natürlich hat Malaysia auch dafür eine Antwort: die Cameron Highlands.

Die Cameron Highlands wurden benannt nach dem Briten William Cameron, der das Hochland 1885 (als erster Westler) entdeckte. Von Menschenhand bis dahin weitgehend unberührt, wurde das Gebiet, zu dem es kaum mehr als ein paar Trampelpfade gab, ab 1925 von den Briten erschlossen und immer mehr Wochenendresidenzen wurden in der angenehmen Frische des Hochlandes gebaut. Die ersten permanenten Siedler lebten überwiegend vom Obst- und Gemüseanbau und ab 1929 begann die heute größte malaysische Teefabrik Boh, gegründet ebenfalls von einem Briten, mit dem Teeanbau. Der heutige Hauptort des Tales, Tanah Rata, wurde erst Anfang der 1920iger Jahre gegründet und erster Handel mit den angebauten Produkten entwickelt sich.

Heute verdient sich das Gebiet durch die riesige Anzahl von Gemüse- und Obstplantagen, die gemeinsam mit den Teeplantagen das Erscheinungsbild des Tales ausmachen, den Titel des Obst- und Gemüsekorbes Malaysias und noch immer strömen die in- und ausländischen Touristen heran um sich etwas abzukühlen und um direkt beim Erzeuger zu kaufen. Was auch für uns erst ein Paradies erschien, entpuppte sich jedoch mal wieder als Geldmaschine, kostete das Obst dort doch weit mehr als sonst. Immerhin war es nicht der uns sonst bekannte Ausländeraufschlag, sondern ein allumfassende Gewinnorientierung, denen auch die Stadt-Malaien zum Opfer fielen. Später fanden wir sogar einen Artikel, der den Bauern des Hochlandes die Produktion von "gefälschtem" Obst unterstellt. An sich recht geschmacklose äpfelartige Gewächse werden in gefärbtem Zuckerwasser eingelegt und dann als Cameron-Erdbeer/Guave-Apfel (Jambu Jeruk Berperiga Epal) in Rot oder Grün verkauft. Auch wir hatten, unwissend, drei von diesen Zuckeräpfeln für 2,50€ im Pack gekauft - geschmacklich nicht das Geld wert und dazu noch, wahrscheinlich, gesundheitlich bedenklich. Aber! Abgesehen davon, wurden für uns die Tage in den Cameron Highlands mit zu den besten in ganz Malaysia.

Von der Hitze in Georgetown fuhren wir zunächst mit dem Bus nach Ipoh, ein vom Lonely Planet als interessant bezeichneter Zwischen- aber auch für uns zeitlich bedingter Zwangsstopp (Busumstieg) auf dem Weg in die Highlands. Nachdem wir mühsam ein bezahlbares Hotel, bzw. überteuerten und fragwürdigen Unterschlupf, gefunden hatten, belohnte die Stadt uns kaum mit Attraktionen. Wir schlenderten durch das chinesische Viertel, suchten und fanden das renommierte Bahnhofsgebäude, gern als "Kleines Taj Mahal" bezeichnet (wir hoffen, der Vergleich ist zu Ungunsten des Echten), ersetzten das erste Paar FlipFlops (seit Hanoi im Einsatz) und kauften allerhand Essen für die Highlands ein. Endlich sollte unsere, durch halb Asien getragene Campingausrüstung zum Einsatz kommen, hatten wir tatsächlich einen offiziellen Campingplatz in den Cameron Highlands ausgemacht und zu unserem Ziel erklärt.

Am nächsten Morgen nahmen wir den Bus von Ipoh nach Tanah Rata, der erstmalig in Malaysia, überraschend preisintensiv war. Insgesamt sprach die gesamte Aufmachung, vom Ticketverkauf bis hin zum mitgegebenen Stadtplan sehr für ein Touristending - nicht so geldgierig wie z.B. in Vietnam und man fühlte sich eigentlich ganz gut aufgehoben und stutzt nur kurz beim Ticketkauf. Mit uns fuhren noch zwei weitere Touristinnen in die Berge.

Gut zwei Stunden lang ging es langsam bergan bis wir endlich in das Tal einbogen, welches maßgeblich die Cameron Highlands ausmacht. Am Sonntag ankommend erlebten wir gleich das Tal in seiner ganzen Betriebsamkeit. Entlang der Straße reihen sich kleine Ortschaften und die Hauptattraktion des Gebietes, wie Erdbeer-Selbstpflückfarmen, Insekten- und Schmetterlingzuchtstationen, Kakteen- und Blumenhäuser werben mit riesigen Plakaten um Aufmerksamkeit. Ab und zu gibt es einen Bauernmarkt - perfekt arrangiert, wie es im Buche steht. Das alles und die Souvenierstände mit großen, leicht angestaubten Plüscherdbeeren und sonstigen Wer-braucht-das?-Krimskrams ließen einen großen Teil des Tals wie einen Landwirtschaftsvergnügungspark wirken. Das nahm jedoch zum Glück stark ab, als wir uns Tanah Rata näherten. Da wir zum Sg. Pauh Campingplatz wollten, baten wir den Busfahrer uns bereits am s.g. Smoke House absetzten. Wie fein das alles klappte!

Auf den letzten Metern zum Zeltplatz ging es am Golfplatz vorbei und dann am kleinen Ort Taman Sedia, der zum größten Teil aus kleinen Erdbeerfarmen besteht - unsere Haus- und Hoflieferanten, dachten wir noch. Die Spannung stieg, und dann endlich unser erster richtiger Zeltplatz auf der Reise! Aber das hatten wir nicht erwartet: Wir standen einer Schulklasse auf Wochenendausflug gegenüber! Rund zehn gleiche Zelte, Geschirr, Schuhe, Klamotten, Essensreste (ließ: das übliche Kindergruppen-Chaos) belegten komplett die untere Ebene des Platzes, so dass wir uns für einen kleinen Stellplatz auf halber Höhe zur nächsten Ebene entschieden. Den größten Teil des Zeltplatzes überblickend, saßen wir bald neben unserem aufgebauten Zelt und beobachteten das bunte Treiben unter uns. Zu unserer Überraschung trugen sogar die kleinen Mädchen bereits Kopftücher und zu den Gebetszeiten verschwanden alle im Häuschen, das eigens für diesen Zweck auf dem Platz stand.

Der Platz war perfekt: abgeschieden, umgeben von Wald, gelegentlich turnten Affen durch die Bäume, Ausgangspunkt für verschiedene Wanderwege und doch nicht weit vom nächsten Ort - was uns gleich wieder an das inoffizielle Wahrzeichen der Cameron Highlands erinnerte: Erdbeeren! Doch dazu kamen wir zu spät, wie auch an den folgenden wanderreichen Tagen. Die Farmen schlossen pünktlich um Sechs ihre Tore und unter der Woche war in Taman Sedia nicht viel los. Aber Tamah Rata war auch nicht weit entfernt und so fanden wir dort alles, was wir brauchten (Internet bei Starbucks, kleine Einkaufsläden), jedoch keine Erdbeeren. Die gab es nach ein paar Tagen und da der Pfundpreis überraschend hoch war (ca. 5€) pflückten wir selbst unter strenger Qualitätskontrolle/Verkostung (laut Schildern eigentlich verboten - aber wo bleibt dann da der Spaß?). Außerdem versuchten wir die hausgemachten Marmeladen (viel zu süß), das Softeis (wenig Erdbeersoße) und den vermeintlichen Joghurt, der sich als puddingähnliches Gelee entpuppte - halal, versteht sich.

Nachdem die Schulgruppe unseren Campingplatz verlassen hatte, wähnten wir uns schon für die kommende Nacht allein, als sieben junge chinesische Malaien anfingen, kistenweise Essen und Wasser heranzubringen. Unsere kritische Augenbraue rutschte immer höher, als eine komplette Küchenausrüstung ausgepackt und auf einem betonierten Zeltstellplatz zu einem kerzengerahmten Teezeremonie-Platz, samt Bastmatten und Teeservice, eingerichtet wurde. Obwohl wir vor Ort für unsere Verhältnisse üppig kochten (Manjok mit gebratenen Zwiebeln, Hühnchen, Erbsen, Bannocks, Nachtisch), nahm sich unsere Art des Zeltens dagegen bescheiden aus. Nach einigem gegenseitigen Mustern kam, durch einen Abgesandten herangetragen, die Einladung an der Teezeremonie teilzunehmen. Gern, und so nahmen wir unsere Plätze im Kreis ein, und ließen beim Anblick des feinen Teesets vor uns, ganz schnell unsere Thermosbecher samt praktischem Instant-Tee hinter uns verschwinden. Was folgte war eine zweistündige Zeremonie mit fünf verschiedenen Teesorten, begleitet durch Gesang und nur wenigen Gesprächen. Unsere Zeremoniemeister bereitete jeden Gang schweigend und sorgsam vor, verwendet wurde quellfrisches, eigens für diesen Zweck gesammeltes Wasser aus dem Penang Nationalpark und Tee von teilweise sehr alten (150 Jahre) Bäumen. Nach dem ersten Aufguss, der jeweils weggegossen wurde, wurde der Tee auf kleine Becherchen verteilt, aus dem man sich wiederum den Tee in ein ebenso winziges Schüsselchen gießt. Im Becherchen verbleibt ein intensiver Teegeruch, der jedoch nicht immer, vielleicht für unsere ungeübten Nasen und Gaumen, auf den Geschmack des Tees schließen ließ. Mit jedem Gang wurden die Tees stärker und erinnerten, mit ihrem holzigem, leicht modrigem Geschmack, immer mehr an den mongolischen Tee, der jedoch mit Milch und Salz getrunken wird. Fast zu jedem Gang wurde am Anfang, um den Tee zu ehren, ein gemeinsames Lied auf Chinesisch angestimmt und ab und zu sang jemand chinesische Weisheiten um seine Gefühle und Gedanken zum Ausdruck zu bringen. Es waren zwei Stunden der Ruhe und Entspannung und des Genusses, fast meditativ und auf jeden Fall chinesischer als in China. Die jungen Leute betreiben eine Teestube und ein Restaurant in Georgetown und ihre wöchentlichen Teezeremonien haben viele Anhänger. Jeden Dienstag nehmen sie sich jedoch einen Tag frei und unternehmen gemeinsam etwas. Und so boten sie uns an, sie am nächsten Tag zu den Boh Teeplantagen und Sungai Palas zu begleiten. Das Angebot konnten wir kaum ablehnen, da uns die Autofahrt einen langen Marsch auf der Straße ersparte. Der Blick vom Haupthaus der Plantage, Sungai Palas, war absolut beeindruckend und einmalig. Scheinbar endlos zogen sich die Reihen der kleinen Teebäumchen bis zum Horizont und überzogen die vielen Hügel wie ein Teppich. Abgesehen vom exklusiven Genuss der Boh Produkte auf der Panoramaterasse, kann man in einem kurzen Rundgang (geführt, sowie ungeführt) die einzelnen Schritte der Teeveredlung in der kleinen angeschlossenen Produktionsstätte ablaufen und im Shop die entsprechenden Produkte kaufen. Ja, und auch wir wurden Fans von der klassischen Instant-Milch-Tee-Mischung. Zum Glück wurde es abends in den Bergen kalt genug, so dass einem hemmungslosem Genuss nichts im Wege stand.

In den folgenden sieben Tagen erkundeten wir die Highlands ausgiebig zu Fuß, was dank der angenehmen Temperaturen nicht wie sonst zum totalen Schweißausbruch führte. Durch dichten Dschungel und auf rutschigen und teilweise sehr steilen Pfaden ging auf den Gunung Berembun (1540m), Gunung Jasar (1680m) und Gunung Brinchang (2031m), den höchsten Berg auf Festland Malaysia, der mit dem Auto befahren werden kann (nicht besonders rühmlich aber die Malaien mögen Superlative). Folgt man der Straße, die zum Gunung Brinchang hinaufführt, kommt man am Mossy Forrest (Nebel-/Moos-Wald) vorbei. Auf Holzwegen kann man auf einem Kamm zwischen zwei Bergen durch diesen Märchenwald spazieren. Der Waldboden besteht zum größten Teil aus herabgefallenen Pflanzenteilen und Laub, so dass der Boden stets aus einer bis zu einem Meter hohen, federnden, Humusschicht besteht. Die Bäume sind dick mit unterschiedlichsten Moosen bewachsen und ab und zu findet man Orchideen und fleischfressende Kannenpflanzen, hin und wieder kann man einen beeindruckenden Blick auf die umliegenden Berge erhaschen.

Ab dem dritten Tag begleitete uns eine kleine Hundedame bei jedem Schritt. Kurz vor unserem Zeltplatz war sie uns zugelaufen und seit dem schüchtern aber anhänglich genug um Nachts neben dem Zelt zu schlafen und uns selbst bei ausgedehnten Wanderungen zu folgen. Selbst ein Zwangsbad, wider der Flöhe, im Fluss ließ sie über sich ergehen und als sie sich nicht an einem massigem Ausländer vorbei traute, lief sie einen Umweg um uns wiederzufinden und freudig zu begrüßen. Erst bei der letzten Wanderung verfolgte sie lieber eine potentiellen Beute als uns beim Abstieg ins Tal und so entkamen wir jäh dem schon gefürchteten Abschied der am nächsten Tag, Bus nach Taman Negara, ohnehin anstand. Fast interessanter als die Begleitung durch den Hund, war die Reaktion der Malaien, an denen wir in bewohnten Gebieten zwangsweise vorbei mussten. Während die Hundedame recht souverän ihren Weg ging, kam es bei den muslimischen Malaien entweder zu Angstanfällen (Frauen versteckten sich hysterisch hinterm nächstbesten Mann oder die ganze Familie wechselt im Laufschritt die Straßenseite), stießen Zisch-Laute aus oder griffen sogar zu Steinen um sich gegen die wilde Bestie zu verteidigen - Kinder wie Erwachsene, alle hatten sie Angst und teilweise auch Ekel im Gesicht. Selbst wenn sie den Hund als zu uns gehörig erkannten, scheuten sie nicht vor Tritten und schienen wenig Respekt vor dem Tier und somit auch vor uns als (theoretische) Hundehalter zu haben. Mal wieder ein Missverständnis einiger Abschnitte im Koran? Scheinbar wird der Hund allgemein als unrein angesehen, etwas, was jedoch eine kurze Internetrecherche hinsichtlich entsprechender Koran-"Vorschriften" nicht bestätigt.

Die Cameron Highlands mit ihren, zum großen Teil, sehr gut ausgebauten und beschilderten Wanderwegen entpuppten sich als das ideale Wandergebiet für uns: angenehme Temperaturen, beeindruckender Dschungel und doch keine Blutegel, Camping möglich und erwünscht. Allein einmal fanden wir den Einsteig zum Jungle Walk Nummer 8 erst nach einigem Suchen hinter einer großen Baustelle. Es scheint, als wenn dieser Weg nicht mehr offiziell geöffnet ist. Große Teile des Weges sind abgerutscht und er endet bei einer riesigen talausfüllenden Schnittblumenantage, durch die wir durch mussten und das Tor von innen zur Straße erst auf Nachfrage geöffnet wurde. Leider geht es zurück zum Ausgangspunkt der Wanderungen (Tanah Rata) meist entlang der Hauptstraße im Tal, möchte man nicht den gleichen Weg zurück oder auf der anderen Bergseite noch weiter Höhenmeter sammeln. Doch, so lange ohne Hund, fand sich immer jemand, der uns das Stück im Auto mitnahm. Den Bus, der regelmäßig fahren soll, haben wir nie gesehen. Dafür gestaltete sich die Ab- und Weiterreise nach Taman Negara überraschend unkompliziert. Auch wenn es keinen öffentlichen Bus gibt, fahren zahlreiche Anbieter mit Minibussen die Strecke für Touristen ab Tanah Rata für angemessenes Geld ab. Überhaupt findet man in Tanah Rata alles, was man braucht: kleine Shops, Unterkünfte, Restaurants, Tourenanbieter und ein Starbucks (freies Internet). Allein bei der Suche nach frischen Gemüse scheiterten wir. Es gab scheinbar nur einen winzigen Markt am Morgen und ansonsten muss man sich an die recht teuren Stände/Minisupermärkte bei den Touristen-Hotspots entlang der Straße halten. Von der ehemaligen britischen Hochburg ist kaum noch etwas erhalten, abgesehen von der Teekultur bei Boh und dem Smoke House. Jedoch werben vielen Cafés mit Scones und, wie sollte es anders sein, Erdbeermarmelade und dazu einem Glas Tee. Zu der asiatischen Mischung Malaysias kam damit also noch das Beste (?) der Briten hinzu.

Videos

Karten

Fakten

  • Bus von Georgetown/Butterworth nach Ipoh 14,10RM
  • Unterkunft in Ipoh im puristischen Hotel Kheng Lim für 25RM im Doppelzimmer mit geteiltem Bad
  • Bus von Ipoh nach Tanah Rata 16,80RM, vom Busbahnhof nahe dem Bahnhof. Täglich 08:00, 11:00, 15:00
  • Stellplatzgebühren auf dem Sg. Pauh Campingplatz 5RM pro Zelt, zzgl. Stromgebühren. 20 Minuten Fußweg von Tanah Rata
  • Schmetterling-Farm bei Keafarm, für 5RM p.P., zeigt auch Schlangen und anderes Getier
  • die besten Milchshakes von Tanah Rata gib es im Kafe Small Town, in der Woche vor 18Uhr günstiger
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